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Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #8

Zum Decision Game aus Leader’s Digest #8 haben uns vier Handlungsempfehlungen erreicht. Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich, hat die Einsendungen gesichtet und eine Handlungsempfehlung mit einem Exemplar des Buchs des Monats prämiert.

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #8

Szenario

Um 1100: Kaum 30’ im Bereitschaftsraum BERN-BETHLEHEM angekommen, erhält Ihre Kompanie (Pz Gren Kp 14/3) vom Kommando des Mech Bat 14 die Meldung, dass der Gegner die Frontlinie im JURA an mehreren Stellen durchbrochen hat und mit seinen Aufklärungsspitzen bereits vor 2h den JURA-SÜDFUSS bei NEUENBURG erreicht hat.

Somit ist die schlimmste aller gegnerischen Entwicklungsmöglichkeiten eingetroffen. Offensichtlich beabsichtigt der Gegner mit einem raschen Stoss durchs SEELAND, einerseits über den SAANEGRABEN mit 2-3 Kampfbataillonen nebeneinander Richtung BERN zu stossen und andererseits in gleicher Stärke bei AARBERG die AARE zu überschreiten und durchs LYSSBACHTAL Richtung MOOSEEDORF zu stossen, um das politische Zentrum BERN von Nord und Süd zu umfassen.

Das Mechanisierte Bataillon 14 hat als Frontverband vor kurzem den Bereitschaftsraum BERN erreicht, während die restlichen Kräfte der Brigade im Raum BERNER OBERLAND die Einsatzbezogene Ausbildung abgeschlossen haben und die Marschbereitschaft erstellen. Aufgrund der jüngsten Lageentwicklung erhielt das Mechanisierte Bataillon 14 die Aufgabe, den gegnerischen Vorstoss Richtung BERN für 5-7h zu verzögern und das Ausbrechen gegnerischer Kräfte über THÖHRISHAUS Richtung BELPMOOS verhindern, um dadurch günstige Voraussetzungen für Folgekräfte der Brigade zu schaffen und gleichzeitig den Zusammenschluss gegnerischer Kräfte SE von BERN und damit die Einkesselung der Hauptstadt zu verhindern.

Um 1110: Der Gegner befindet sich nach neusten Meldungen mit seinen Spitzen in der Stärke von 2 Mechanisierten Infanteriekompanien im Raum MURTEN – SEELAND. Es wird erwartet, dass der Gegner innerhalb der nächsten Stunde mit 1-2 Kompanien in Front über GURMELS an die SAANE stossen wird, um nach einer Feuervorbereitung die SAANE einerseits bei LAUPEN und anderseits im Norden via SAANEVIADUKT (A1) sowie bei GURMES überschreiten und innerhalb weiterer 2h nach BERN-BRÜNNEN und an die A12 weiterzustossen wird.

Sie sind Zugführer AMBOS der Panzergrenadierkompanie 14/3 (CHARLIE). Ihr Zug wurde als Spitzenverband vor 5’ (Auslösung erfolgte um 1125) in Marsch gesetzt.

Aktuell fahren Sie als Spitzenzug von BERN BETHLEHEM in Süd-West Richtung bei NIEDERWANGEN auf die A12, um bei LAUPEN als Teil der CHARLIE Kompanie das Übersetzen des Gegners über die SAANE für mindestens 4h zu verhindern (gemäss Kompaniekommandant erfolgen detailliertere Befehle vor Ort).

Um 1130: Der Gegner hat die SAANE bei GÜMMENEN mit Aufklärungskräften in Zugsstärke überschritten. Die vorgesetzte Stufe erkennt ein Verlagern des Schwergewichts des gegnerischen Stosses entlang der Achse MÜHLEBERG – FRAUENKAPPELEN.

Der Gegner hat zudem Mechanisierte Infanterie im Raum Westlich SAANE-GRABEN bei GÜMMENEN zusammengezogen. Es ist davon auszugehen, dass er innerhalb der nächsten Stunde mit mindestens 1 Mechanisierten Infanteriekompanie zum Stoss über MÜHLEBERG Richtung BERN ansetzt.

Für die Kompanie CHARLIE geht es darum, den Gegner zwischen MÜHLEBERG und FRAUENKAPPELEN für 4-5h zu verzögern, damit sich unser Bataillon im Raum BERN BETHLEHEM sowie entlang der A12 zur Verteidigung einrichten kann.

Gegner

Zwei Mechanisierte Infanteriekompanien; genaue gegnerische Mittel sind noch unbekannt.

Eigene Mittel

Als Zugführer AMBOS in der Kompanie CHARLIE verfügen Sie über folgende Mittel:

2 Panzergrenadier-Patrouillen, also 4 Panzergrenadier-Gruppen mit je:

  • 1 Schützenpanzer CV 90
  • 2 RGW
  • 2 LMg sowie
  • 3x Trichter-Sprengladungen 88

Zudem stehen Ihnen als Zugführer Drohnenteam 3 Mini-UAVs mit je einer Autonomie von 15’ zur Verfügung.

Auftrag

Per Funk erhalten Sie den folgenden Auftrag – Sie befinden sich noch in der Annäherung:

Zug AMBOS

  • sperrt innerhalb der nächsten 1h im Raum zwischen ALLENLÜFTEN und HEGGIDORN und verhindert einen gegnerischen Stoss entlang der Überlandstrasse südlich von STOCKERE für mindestens 1h-2h ohne sich dabei mit dem Gegner zu verzahnen.
  • Hält sich bereit anschliessend in den Raum NIEDERBOTTIGEN auszuweichen und sich im Raum BERN-BRÜNNEN als Verfügungsverband bereitzuhalten.

Besondere Anordnungen:

Die Kompanie CHARLIE erhält für die kommenden 2h die Feuerpriorität der unmittelbaren Feuerunterstützung durch die 12cm Mörserkompanie 14/5. Da für diese Lageentwicklung kein Feuerführungskonzept erstellt wurde, müssen die Feuerräume auf Stufe Zug ausgeschieden werden und mittels ARTUS-Verfahren (Angabe von Ziel-Zweck-Zeit) geführt werden.

Umwelt

Der Kartenausschnitt ALLENLÜFTEN – HEGGIDORN ist für Ihre Befehlsausgabe ausreichend. Für das Gesamtverständnis lohnt sich jedoch ein Blick auf die Landeskarte 1:50’000 (https://map.geo.admin.ch/#/map?lang=de&center=2587119.13,1200345.31&z=6.2).

Fragestellung

  • Fassen Sie einen Entschluss für die Sperre ALLENLÜFTEN.
  • Halten Sie sich bereit Ihren Panzergrenadierzug aus dem Marsch zu befehlen.
  • Beachten Sie, sich nicht mit dem Gegner zu verzahnen, um sich Richtung Osten absetzen zu können.
  • Planen Sie das zur Verfügung stehende Bogenfeuer effektiv ein.

Sie können Ihre Antwort entweder als Skizze – basierend auf dem Kartenausschnitt – einreichen oder im Wortlaut der Funkmeldung an ihre unterstellten Gruppenführer.

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #8

Zum Decision Game vom August haben uns vier Einsendungen erreicht – der beste Rücklauf auf ein taktisches Problem soweit, mit erfreulichem Resultat: Es sind vier Lösungen mit verständlichen, kompakten Aufträgen – zusätzlich jeweils mit Kartenausschnitten visualisiert.

Eindrücklich ist dieses Mal, dass die vier Lösungen sich ausgesprochen ähnlich sind. Alle Lösungen sehen den Einsatz von Panzerwarnern im Vorgelände vor – sei es durch eine Patrouille oder durch Drohne; hier wurde das Handwerk verstanden und es wird bei den Zeitverhältnissen über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Sämtliche vier Lösungen sehen eine Staffelung von mehreren Sperren vor, dabei jeweils die erste frühestens auf Höhe ALLENLÜFTEN, spätestens auf Höhe Eintritt Hauptstrasse in den Wald; die letzte frühestens bei Punkt 673 und spätestens am Ortsrand HEGGIDORN. Der Raum dazwischen wird von drei Einsendungen für eine dritte Sperre genutzt, die vierte nutzt den Raum OBERE LEDI als Bewegungsraum für einen Gegenangriff.

Das Mörserfeuer wird verschiedentlich gehandhabt, eine Einsendung weist drei Feuerräume aus, eine andere vier, eine definiert elf Planfeuer, darunter auch Niederhalten als Linienziel – offensichtlich ist hier die Umschulung auf die neuen Schiessverfahren bereits erfolgt. Die weiteren Unterschiede sind marginal, die Funksprüche sind allesamt kompakt, Sofortmassnahmen werden angeordnet – mit diesen vier Autoren könnten die vier Gefechtskompanien eines Bataillons geführt werden.

Lösungsskizze Decision Game #8

Welcher der Ansätze zielführend ist, könnte abschliessend wohl nur im Gelände beurteilt werden, aber es handelt sich um einen Kartenentschluss – und entsprechend ein Kartenurteil. Von den vier Einsendungen präferiere ich die, welche sämtliche Sperren weiter östlich als die anderen eingeplant hat. Ich sehe darin verschiedene Vorteile: die Gefahr einer Verzahnung oder gar Umfassung in ALLENLÜFTEN ist reduziert und das Potential des «Feuersacks» mit dem natürlichen Stauraum im Wald dürfte sich wesentlich besser entfalten, wenn der Gegner erst in den Raum hineingelassen wird. Der Preis für diese Lösung geht entsprechend erneut an Hptm Raphael Iselin, welcher sich bereits im Juni mit seiner Handlungsempfehlung behaupten konnte. Er erhält das Exemplar «Strategie – Die Logik von Krieg und Frieden» von Edward Luttwak zugestellt. Das Prinzip Feuersack kann übrigens noch weitergedacht werden, wie die Lösung in der Abbildung oben zeigt. Diese stammt jedoch vom Autor und wird deshalb nicht prämiert.

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