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Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #13

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss würdigt Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent für Führung und Kommunikation, in Absprache mit seinem Forschungsteam der Militärakademie an der ETH Zürich, die diskussionswürdigste Handlungsempfehlung.

Decision Game aus Leader’s Digest #13

Szenario

Es herrscht Krieg in EUROPA. Der Gegner hat vor einigen Tagen territoriale Ansprüche für den Raum KLEINBASEL – RIEHEN geltend gemacht. Aktuell findet ein Manöver (Aufmarsch) einer gegnerischen Mechanisierten Division zwischen ALTKIRCH – LÖRRACH – WEHR statt.

In den letzten Tagen führten irreguläre Streitkräfte mehrere gezielte Sabotageaktionen auf Forschungs- und Dienstleistungseinrichtungen in BASEL durch (wenige Kollateralschäden). Weiter griffen diese in Zugsstärke mit Infanterie- und Panzerbrechenden Waffen (RPG) zivile kritische Infrastrukturen (Coop Verteilcenter PRATTELN, EW RHEINFELDEN) wie auch den Kommandoposten des Infanteriebataillon 65 in MAISPRACH an.

Die Zollübergänge ST. LOUIS, WEIL, RHEINFELDEN und BAD SÄCKINGEN sind geschlossen. Es ist eine hohe Zunahme von illegalen Grenzübertritten durch den RHEIN zu vermelden (1000 pro Woche). Das BAZG unterstützt die Armee.

Die Zunahme der Flüchtlinge treibt die Gewaltbereitschaft der Bürgerwehren an und schürt die negative Einstellung der Schweizer Bürger gegenüber den Flüchtlingen.

Gegner

Bestimmende Lageentwicklungsmöglichkeit

Der Gegner kann, nach Erreichen des Brigadezwischenziels RHEINFELDEN, innert 1h mit einem Mechanisierten Bataillon, einer Kompanie, 1 Zug in Front Richtung MAGDEN und anschliessend mit zwei Kompanien nebeneinander 2 Züge in Front durch MAGDEN stossen, um innert 3 – 6h seinen Hauptstoss entlang der A2 zu entlasten.

Weitere Lageentwicklungsmöglichkeiten

Der Gegner kann, nach Erreichen des Brigadeangriffsziels AUGST innert 2h mit einem Mechanisierten Bataillon, einer Kompanie, einem Zug in Front über OLSBERG nach MAGDEN stossen, um innert 1 – 2h seinen Hauptstoss entlang der A3 zu entlasten.

In allen Fällen kann der Gegner
  • (reguläre Streitkräfte) Mit der Artillerie seinen Stoss ohne Rücksicht auf zivile Besiedlung oder Kulturgüter vorbereiten;
  • (irreguläre Streitkräfte, Sonderoperationskräfte) Mittels Propaganda und/oder Psychologischer Kriegsführung die Flüchtlingsströme so leiten, dass sie dem Hauptstoss ausweichen und dessen Flanke schützen sowie damit unsere Mobilität einschränken;
  • (Bürgerwehr CH) Mittels Patrouillen und Checkpoints im Grenzraum RHEINFELDEN Präsenz markieren.

Eigene Mittel

Sie kommandieren die 2. Kompanie des Infanteriebataillons 65 und haben zur Auftragserfüllung folgende Mittel unterstellt:

  • 3 Infanteriezüge mit je 4 Gruppen. Diese verfügen über je ein Radschützenpanzer (inkl 12.7 Mg Einsatzdistanz bis 1000m), 2 LMg (Einsatzdistanz 600m), 4 RGW (Panzerabwehrwaffe 200-300m);
  • 1 Mörser-Zug (inkl 4 Mörser 8,1cm Einsatzdistanz 4000m);
  • 2 Späher-Trupp (pro Trupp 4 Späher ein Scharfschützengewehr 20+Zubehör, Einsatzdistanz 800m und ein Feuerleitgerät Bogenfeuer Mörser 8.1cm).

Zusätzlich erhalten Sie folgende Mittel:

  • 6 Trichtersprengladungen 88;
  • 10 NLAW (Panzerabwehrlenkwaffe 400-600);
  • 2 Mini UAV Mittel mit einer Einsatzdauer von 15′ pro Ladung.

Ihre Kompanie ist schon seit Wochen im Dienst. Aus dem Bereitschaftsraum LIESTAL haben Sie bis anhin Stabilisierungsaufträge erfüllt und die einsatzbezogene Ausbildung abgeschlossen. Der Einsatz in MAGDEN ist somit der erste Kampfeinsatz der Kompanie.

Auftrag

Sie kommen gerade von der Befehlsausgabe des Bataillonskommandanten und haben folgenden Auftrag erhalten:

  • Inf Kp 65/2 hält den Kessel MAGDEN und verhindert einen gegnerischen Stoss durch MAGDEN Richtung A2.

Die Nachbarverbände haben folgende Aufträge erhalten:

  • Inf Kp 65/1 sperrt in RHEINFELDEN-OST und hält sich bereit, Kp 65/3 aufzunehmen.
  • Inf Kp 65/3 nützt den Gegner im Raum RHEINFELDEN-WEST ab, sperrt die Brück in der Altstadt RHEIFELDEN und hält sich bereit, durchgebrochenen Gegner im RÖTIHOF zu vernichten sowie die Flanke MÖHLIN zu Gunsten des Mechanisierten Bataillon 14 zu schützen.
  • Inf Ustü Kp 65 verhindert die Öffnung der Brücke EW SALINE und EW RIBURG und unterstützt die Infanteriekompanien mit Bogenfeuer.

Umwelt

Zeitverhältnisse

In den nächsten 12 Stunden müssen Sie den Einsatzraum erkunden und im Rahmen des taktischen Dialoges einen ersten Entschluss dem Bataillonskommandanten präsentieren. Die KAVOR (Kampfvorbereitungen) müssen ab Ende des taktischen Dialoges in den kommenden 72 h abgeschlossen und die Kompanie kampfbereit sein.

Fragestellung

  • Versetzen Sie sich in den Gegner: wie würden Sie MAGDEN nehmen und für nachfolgende Kräfte offenhalten?
  • Wie lautet Ihr Entschluss, um MAGDEN zu halten und einen gegnerischen Stoss durch MAGDEN Richtung A2 zu verhindern?
  • Wo und wie setzen Sie Ihre Panzerabwehrmittel ein (Gliederung, Feuerräume, Stellungsräume)?
  • Wo und mit welchen Mitteln kanalisieren Sie den Gegner?
  • Wo planen Sie die Feuerräume für das Bogenfeuer und deren Bewegungsräume?

Eine Entschlussskizze ist erwünscht bzw ausreichend.

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #13

Zum Tactical Decision Game #13 haben uns zwei Lösungen erreicht; wahrscheinlich sind einige Taktiker entweder noch im Winterschlaf oder aber von den geopolitischen Entwicklungen paralysiert. Fest steht jedoch: das Mech Bat 14 ist offenbar nicht davon betroffen, den beide Lösungen haben uns aus diesem Verband erreicht. Nun stellt sich die Frage: ist es der Feuerunterstützungsoffizier oder der S2 dieses Verbandes, der den Preis davontragen wird? Beide Eingaben arbeiten übrigens mit einwandfreien Darstellungen, eine davon sogar als .milxlyz-Layer eingereicht. Für alle, die in ihrer Freizeit noch taktisches Entwicklungspotential aufweisen: Auf https://www.map.army/ kann jeder und jede seine Layer zeichnen, speichern und teilen. Ideal für WK-Vorbereitungen und mehr. Doch zur Sache:

Zuvorderst werden die beiden Lösungen anhand Ihrer Komplexität beurteilt. Die Lösung des S2 umfasst sieben Seiten, darunter 6 Abbildungen (ein Layer Rot, ein Analyse des Vorgeländes, ein Layer Entschluss insgesamt, drei Layer zu den drei Phasen des Entschlusses). Das ist gewissenhaft und nachvollziehbar ausgearbeitet. Allerdings hat auch die Einfachheit ihren Wert. Die Lösung des FUOf umfasst zwei Seiten und einen Layer und beantwortet ebenso alle Fragen, weshalb an ihn der erste Punkt geht: 1:0.

Für die Lösung des FUOf spricht zudem seine Analyse des Geländes, was etwa an der Schwergewichtsbildung westlich der Hauptstrasse ersichtlich ist. Das Gelände teilt er mithilfe von vier Phasenlinien (PhL), wobei ich empfehle, in der Verteidigung von Koordinationslinien (KL) zu sprechen. Bei den PhL im Angriff erwarten wir, dass eben eine nach der anderen – Phase für Phase – abgearbeitet wird. In der Verteidigung sollten wir uns jedoch ein dynamischeres Verständnis erhalten: wir ziehen vielleicht einen Zug zu einer KL zurück, nur um ihn später für einen Gegenangriff wieder zwei KL weiter vorne einzusetzen. Auch das Mörserfeuer oder die Aufklärung kann anhand der KL koordiniert werden, ohne dass sie sequentiell abgearbeitet werden. Besonders hervorzuheben ist bei der Lösung des S2, dass er sich Karten der historischen Bunkeranlagen bei ÄNGI beschafft hat, was nicht nur die Panzersperre im Talboden aufzeigt, sondern auch das Infanteriewerk inklusive Gegenwerk in den Flanken. Es versteht sich von selbst, dass wir solche Kampfinfrastruktur selbst dann nutzen werden, wenn sie ausser Dienst gestellt wurden. Für diesen Einfall gleicht der S2 aus und es ist 1:1.

Danach bewerte ich die Darstellung ROT, die beide im Grundsatz gleich darstellen (aus dem Raum RHEINFELDEN mit jeweils maximal einem Zug in Front in den Kessel von MAGDEN stossend): Die Orientierung des FUOf zum Gegner ist von den Kräfteansätzen her klar, allerdings würde ich den beliebten Begriff des Staffelwechsels etwas sparsamer einsetzen. Zwei Staffelwechsel auf 2km scheint mir etwas viel Mikromanagement – zudem ist nicht jeder überschlagende Einsatz schon ein Staffelwechsel (wobei der Begriff oder Unterschied bei Gelegenheit einmal definiert werden könnte). Der S2 weist in seiner Darstellung zudem noch auf die Flankenbedrohung (habe ich S2 gehört?) hin, weshalb auch dieser Punkt an ihn geht: 1:2.

In der Absicht selbst plant der FUOf einen einfachen Ablauf: zunächst soll ein Zug im Vorgelände ÄNGI abnutzen und zwei Züge nebeneinander ab Ortsrand MAGDEN sperren, wobei sich der Zug aus dem Vorgelände später zurückziehen und MAGDEN Ost sperren soll, so dass schliesslich drei Züge nebeneinander sperren. Die beiden äusseren Züge halten sich zudem für Gegenangriffe bereit. Die Lösung des S2 sieht ebenfalls einen Zug im Vorgelände vor, unter Ausnutzung der oben geschilderten Kampfinfrastruktur. Die eigentliche Sperre wird dann von einem Zug auf der Hauptstrasse bewerkstelligt, auf welche der Gegner zu kanalisieren ist. Damit bleibt ein dritter Zug, der für flankierende Gegenangriffe auf beiden Seiten hinter der Sperre bereitgehalten wird. Hier eine Punktevergabe zu vergeben, ist nicht einfach; auf jeden Fall sollen aber für den Entschluss insgesamt 3 Punkte vergeben werden. Tatsächlich scheint mir die Aufstellung des S2 im Vorgelände zielführender (unter Ausnutzung der historischen Stellungen), was ihm einen weiteren Punkt verschafft; 1:3. Der Einsatz im urbanen Gelände scheint mir jedoch beim FUOf geeigneter. Das Aufstellen von zwei – und nach erfolgtem Rückzug des Zuges im Vorgelände sogar drei – Zügen nebeneinander entspricht dem Grundsatz «Auflockern und Zusammenwirken der Kräfte». Zudem scheint es mir im überbauten Gelände mit den Mitteln der Infanterie einfacher, Gegenstösse im Halbzugrahmen vorzunehmen, als diese auf Stufe Kompanie zu koordinieren, wie bei der Lösung des S2 vorgesehen. Es steht somit 2:3. Einen dritten Punkt vergebe ich für die Auswahl eines dezidierten Killing Grounds. In der Lösung des FUOf, ab Ortsrand MAGDEN, ist ein solcher für mich nicht unmittelbar ersichtlich. Anders beim S2, wo der Stützpunkt in MAGDEN erst in der Tiefe des Dorfes vorgesehen ist; eine ideale Voraussetzung, den Gegner auf der Hauptstrasse zu stauen – und dies entspricht auch der Absicht, den Gegner auf dieser zu kanalisieren. Dies scheint psychologisch verlockend zu sein und auch ein hinreichendes Volumen des Gegners aufnehmen zu können. Dazu vergebe ich einen weiteren Punkt und damit steht es am Ende 2:4. Sieger nach Punkten ist dieses Mal der S2, Hptm Raphael Iselin. The winner takes it all, aber er sei bitte gehalten, das Buch «Call Sign CHAOS – Learning to lead» von Jim Mattis und Bing West bei der nächsten Dienstleistung seinem Kameraden, Hptm Robin Wehrle, auszuleihen. Gratulation!

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Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #12

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss würdigt Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent für Führung und Kommunikation, in Absprache mit seinem Forschungsteam der Militärakademie an der ETH Zürich, die diskussionswürdigste Handlungsempfehlung.

Decision Game aus Leader’s Digest #12

Szenario

Die SCHWEIZ ist seit Monaten im Krieg. Die offenen Kampfhandlungen beschränken sich auf die OSTSCHWEIZ, doch das gesamte Landesgebiet ist Ziel von Spionageaktionen und Anschlägen. Betroffen sind vor allem die Bundesverwaltung, internationale Organisationen und die öffentliche Versorgung.

Auch in der WESTSCHWEIZ ist die Lage instabil. Die Armee hat in besonders gefährdeten Gebieten die Raumverantwortung übernommen. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo der Gegner versucht, uns in unseren Bereitschaftsräumen zu behindern.

Im Raum CHANCY sind nach einem Anschlag mit einem mit Sprengstoff beladenen LKW mehrere Gebäude beschädigt und teilweise zerstört worden, unter anderem der Kommandoposten der Infanteriekompanie 65/2 und der Bahnhof in EPEISSES.

Die Hauptwasserleitung der Region wurde beim Anschlag beschädigt und flutete eine Tiefgarage, welche die reservierten Verkehrsträger für die mechanisierten Verbände gefährdet.

Der Kommandoposten des Infanteriebataillons 65 in EPEISSES wurde im darauffolgenden Chaos von Truppen einer terroristischen Gruppe, den ELTI, angegriffen. Dabei wurde das vorgeschobene Munitionsdepot getroffen und das Gebäude westseitig eingestürzt. Einzelne Strassen wurden teilweise blockiert.

Als Reaktion auf die Aktivitäten der ELTI hat die HeBü, eine unabhängig organisierte lokale Bürgerwehr, ihre Präsenz in der Region verstärkt.

Gegner

ELTI (ELBONIAN Tigers): Terrorgruppe

  • Handfeuerwaffen, vereinzelt panzerbrechende Waffen
  • MANPAD
  • Improvisierte Sprengladungen
  • Fähigkeit zu Anschlägen, Diebstahl von militärischem Gerät.

Irreguläre

HeBü (Helvetische Bürgerwehr): Paramilitärische Organisation mit ca 200 Angehörigen in der Region

  • Handfeuerwaffen, insbesondere ehemalige Armeewaffen (Sturmgewehr 90, Sturmgewehr 57, diverse Pistolen)
  • Privat beschaffte Schutzwesten
  • Absperrmaterial, zum Teil im Privateigentum, zum Teil der Gemeinden
  • Lastwagen, Lieferwagen, Kleinbusse
  • Fähigkeit zur Nachrichtenbeschaffung in der Bevölkerung aufgrund der lokalen Verankerung

Eigene Mittel

Sie kommandieren eine Rettungskompanie:

  • 1 Kommandozug
  • 3 Rettungszüge
  • 1 Unterstützungszug

Die Rettungskompanie ist mit persönlichen Waffen (Sturmgewehren und Pistolen) ausgerüstet. Sie verfügen über technische Ausrüstung, bestehend aus:

  • 3 Rettungszugsortimenten mit Kleingeräten für Trümmerrettungen,
  • 2 Sortimente Trümmereinsatz mit spezifischen Mitteln zur Trümmerrettung,
  • 2 Wassertransporter und
  • 3 Brandeinsatzsortimenten mit jeweils einem Kilometer Schlauch.

Auftrag

Die Rettungskompanie setzt im Dorf EPEISSES ein (Trümmerrettung), schützt und hält (Wassertransport und Brandbekämpfung) den reservierten Verkehrsträger.

Umwelt

Das Dorf EPEISSES befindet sich in einem Geländekessel. Es beinhaltet einen Bahnhof mit Gütertransport, ein Tanklager (eine Zisterne), ein Einkaufszentrum sowie diverse Geschäfts- und Wohninfrastruktur. Ebenfalls befindet sich im Dorf der Kommandoposten des Infanteriebataillons 65 sowie der Kommandoposten der Infanteriekompanie 65/2.

Zeitverhältnisse

Einsatzbeginn sofort, Voraussichtliche Einsatzdauer 48 Stunden

Fragestellung

  • Wie würden Sie in der Rettung vorgehen? Wie lautet ihre Befehlsausgabe?
  • Welche Massnahmen treffen Sie gegen die ELTI?
  • Wie gehen Sie mit der HeBü um?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #12

Zum Decision Game vom Dezember haben uns zwei Einsendungen erreicht. Die eingereichten Lösungen zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit der moralischen und politischen Fragestellung und verdeutlichen die vielschichtige Komplexität der hier vorliegenden Problematik.

Zum TDG#12 sind zwei Lösungsvorschläge eingegangen, die sich in einem wesentlichen Punkt unterscheiden, nämlich dem Umgang mit der Helvetischen Bürgerwehr. Diese fiktive Organisation wurde im methodischen Rahmenwerk «LU-17» eingeführt und beschreibt irreguläre Kräfte, die der Schweiz und damit der Armee tendenziell freundlich gestimmt sind. In Übungen wird die HeBü geschildert, um die Truppe zu sensibilisieren, dass nicht jeder Irreguläre automatisch einen Gegner darstellt. Mit Blick auf die Bedeutung der Freiwilligenverbände in der Verteidigung der Ukraine stellt sich auch für die Schweiz die Frage, wie mit freundlich gesinnten, aber irregulären Kräften umgegangen werden sollte. Die beiden Lösungsvorschläge führen jeweils glaubhafte Argumente ins Feld, kommen aber zu unterschiedlichen Schlüssen.

Hptm I. fasst seine Haltung in einem Absatz zusammen: «Die Zusammenarbeit müsste durch den bereits andauernden Krieg in den Rules of Behavior (RoB) geregelt und dem Kp Kdt bekannt sein. In der Ukraine wurden die anfänglichen ‹Volunteer Battalions› als die ‹Territorial Defense Forces› ein offizieller Teil der ukrainischen Streitkräfte. Auch die Schweiz wird nach Monaten des Krieges nur schwer auf tausende Freiwillige verzichten können. Deshalb gehe ich sehr stark davon aus, dass eine Zusammenarbeit erlaubt wird. Für eine erste und zweite Phase möchte ich im Schadensgebiet nur AdA und direkt Betroffene. Damit wir die chaotische Situation nicht noch unübersichtlicher, und eine mögliche Infiltration durch ELTI erschwert.» Es handelt sich dabei um eine differenzierte Nutzung der Ressource «HeBü».

Lt M. führt ausführlichere Bedenken zur Frage «Wie gehen Sie mit der HeBü um?» aus: «Ihre emotionale und energetische Stimmung ist schwer zu kontrollieren. […]. Eine Einbindung der HeBü-Mitglieder in zivile Hilfeleistungen ausserhalb der Kernzone wäre aber meiner Meinung nach tragbar. Weitere Begründungen für ein operative Distanzierung: Die Armee hat ein staatliches Gewaltmonopol, […] die HeBü eine selbsternannte Organisation ohne offizielle Legitimation […]. Weiter hat die HeBü eine unklare Befehlsstruktur, keine standardisierten Einsatzverfahren und keine gesicherte Kommunikation […]. Ein unbekannter Ausbildungsstand […] sowie ein potentielles Risiko von Eigengefährdung […] unklare Loyalitäten einzelner HeBü-Mitglieder […] Gefahr in einem unerwünschten Informationsabfluss […].»

Beide Autoren setzen sich spezifisch und differenziert mit dieser Fragestellung auseinander. Es gilt zu hoffen, dass diese Fragen vor einem Krieg in der Schweiz durch die strategische Führungsebene entschieden werden, damit sich nicht Einheitskommandanten dieser Frage stellen müssen.

In der Sache teile ich die Perspektive von Hptm I.; ich erachte es als ausgeschlossen, die Schweiz mit dem aktuellen Armeebestand und ohne Integration von oder Kooperation mit Freiwilligen zu verteidigen – entsprechende Konzeptionen kennt die Schweiz aus ihrer Geschichte, man denke etwa an die Ortswehren. In der Beantwortung des TDG werte ich allerdings die Lösung von Lt M. höher, da er die Probleme im Umgang mit Irregulären sehr differenziert ausarbeitet. Selbst wer bereit ist die HeBü als potentiellen Partner der Armee zu verstehen, kommt nicht darum herum, sich den entsprechenden Risiken anzunehmen. Zudem hat Lt M. in seiner Lösung weitere geschickte Überlegungen angestellt, etwa die Anforderung von Spezialisten und einen übersichtlichen Kartenentschluss. Auf beides soll hier nicht eingegangen werden, aber es ist ausreichend, damit Lt Ralph Meier den Preis des Buches «Positive Leadership» von Dr. Markus Ebner aus dem Newsletter #12 erhält. Wir gratulieren herzlich.

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Leader's Digest Leader's Digest #11 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #11

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss würdigt Dr. Florian Demont, Militärethiker an der Dozentur für Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich, die diskussionswürdigste Handlungsempfehlung.

Decision Game aus Leader’s Digest #11

Szenario

Die Schweiz ist im Krieg. Der gross angelegte Einsatz von Drohnen zur Aufklärung und als Kampfmittel ist in jüngeren Konflikten Realität und auch in der Schweizer Armee angekommen. Erste Drohnenschwärme zur Abwehr gegnerischer Drohnenschwärme wurden erfolgreich getestet und eingeführt. Die Armee hat aber weiterhin den Man-in-the-Loop als Grundsatz für den Einsatz autonomer Systeme festgelegt und durchgesetzt.

Nach anhaltenden Cyberangriffen hat der Gegner mit Marschflugkörpern die Höhenradarstationen angegriffen und grösstenteils zerstört. Die Armee hat im Zürcher Oberland Verteidigungsstellungen bezogen und weitreichende akustische und optische Sensoren aufgestellt. Die frontnahen Bodentruppen haben erste Luftangriffe und Drohnenangriffe überstanden. Immer wieder gibt es Überflüge von Aufklärungsdrohnen, die weitreichendes Artilleriefeuer und den Einsatz gegnerischer Kampfdrohnen auf Truppenstandorte und Sensoren ermöglichen. Im Laufe der Kampfhandlungen wurden eigene Drohnen zur Abwehr von Aufklärungs- und Kampfdrohnen eingesetzt, zum Teil erfolgreich. Diese Massnahmen haben jedoch dazu geführt, dass eine grosse gegnerische Kampfdrohne über bewohntem Gebiet abgestürzt ist, was mehrere tote Zivilisten zur Folge hatte.

Die Situation ist nun folgende: Im Kommandoposten des Frontverbands geht der Alarm ein, dass ein Schwarm mittlerer Drohnen im Anflug ist. Der Flugweg ist stark zufällig, was auf eine autonome, auf KI gestützte Steuerung ohne vorgegebenen Kurs hindeutet. Der Soldat, der für den Einsatz der eigenen Drohnenschwärme mit autonomer Suchfunktion durch künstliche Intelligenz zuständig ist, meldet die Einsatzbereitschaft der Drohnen. Er weiss jedoch aus der Ausbildung, dass die Zielgenauigkeit der eigenen Drohnen manchmal stark abweicht. Zeitgleich meldet die drohnengestützte Aufklärung, dass sich gegnerische Bodentruppen auf einen Angriff vorbereiten.

Die Flugbewegungen des gegnerischen Drohnenschwarms sind so unvorhersehbar, dass die Sensoren nur ungenaue Flugvektoren und mögliche Ziele liefern. Der Einsatz der eigenen Flugabwehr ist gegen diese Drohnen problematisch, da sie zu tief und unberechenbar fliegen. Eine virtuelle rote Linie markiert den letzten Moment, ab dem Kollateralschäden und zivile Opfer in der eigenen Bevölkerung nicht mehr ausgeschlossen werden können – und diese rote Linie nähert sich rasch. Der Einsatz des eigenen Drohnenschwarms könnte Kollateralschäden an der Zivilbevölkerung in grenznahen Gebieten verursachen.

Der Kommandant, der den Einsatz des eigenen Drohnenschwarms verantwortet, steht unter massivem Handlungsdruck. Es wäre der erste Einsatz eines autonomen Drohnenschwarms in diesem Konflikt durch die Schweizer Armee. Zudem muss der Kommandant sicherstellen, dass er mit seinen Truppen einen möglichen Bodenangriff abwehren kann.

Fragestellung

  • Wie würden Sie als Kommandant handeln?
  • Wer trägt für den Einsatz von Drohnenschwärmen die Verantwortung?
  • Wie soll mit dem Thema Künstliche Intelligenz umgegangen werden, vor dem Hintergrund, dass andere den Man-out-of-the-Loop genommen haben und auf volle Autonomie von Kampfsystemen setzen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #10

Zum Decision Game vom November haben uns vier Einsendungen erreicht. Die eingereichten Lösungen zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit der taktischen, ethischen und auch technischen Fragestellung und verdeutlichen die vielschichtige Komplexität der hier vorliegenden Problematik.

Der Kommandant steht vor einer komplexen, vielschichtigen Entscheidung. Wie in den Einsendungen treffend erkannt wurde, umfasst die Situation drei Bedrohungen, die auf den ersten Blick unabhängig voneinander erscheinen: Zum einen der Schwarm mittelgrosser, KI-gesteuerter Drohnen mit unbekanntem Ziel, zum anderen der Angriff durch Bodentruppen. Hinzu kommt die dritte Gefahr, die in den potenziellen Kollateralschäden für die Zivilbevölkerung liegt.

Der Lösungsvorschlag von Hptm Raphael Iselin sticht dabei durch seine Tiefe und Weitsicht hervor. Er geht über die blosse Entscheidungsfindung hinaus und analysiert die Situation detailliert unter Berücksichtigung von technischen, taktischen und ethischen Gesichtspunkten. Besonders überzeugend ist seine klare Strukturierung verschiedener Szenarien und die sorgfältige Abwägung der Auswirkungen. Seine Überlegungen berücksichtigen nicht nur unmittelbare militärische Notwendigkeiten, sondern auch die längerfristigen Konsequenzen, die durch den Einsatz von Technologie entstehen können.

Hervorzuheben ist auch, wie Iselin die Flexibilität seiner Perspektive betont. Anstatt auf eine starre Entscheidung festgelegt zu sein, bietet er einen Ansatz, der sich an die technischen Möglichkeiten der Drohnen und die taktische Lage anpassen lässt. Die Kombination aus Zurückhaltung im Drohneneinsatz bis zum «last responsible moment» und der Option, Drohnen gezielt zur Verteidigung oder Bodenunterstützung einzusetzen, zeigt ein gutes Mass an Anpassungsfähigkeit. Seine differenzierte Betrachtung der Bedrohungen und seine Fähigkeit, potenzielle Folgen sowohl für Zivilisten als auch für die militärische Effizienz zu antizipieren, machen seinen Vorschlag nicht nur ethisch gerechtfertigt, sondern auch taktisch klug.

Schliesslich überzeugt Iselin durch seine Argumente zur Verantwortung und den ethischen Implikationen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz. Seine klare Position, dass Verantwortung entlang einer transparenten Befehlskette verteilt sein muss, zeigt ein Bewusstsein für die Bedeutung rechtlicher und moralischer Standards. Insgesamt bietet Iselin nicht nur eine Lösung, sondern ein vollständig durchdachtes Konzept, das den Herausforderungen moderner Kriegsführung mit Intelligenz und Integrität begegnet. Durch dieses Zusammenspiel aus Detailliertheit, innovativer Herangehensweise und moralischer Klarheit zeichnen wir ihn erneut mit einem Exemplar von Patrick Lencionis «The Five Dysfunctions of a Team» aus. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern für ihre aktive Beteiligung und die angeregten Einsendungen.

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Leader's Digest Leader's Digest #10 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #10

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Diskussion der würdigsten Handlungsempfehlungen durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #10

Szenario

Es herrscht Krieg in Europa. Die Schweiz bereitete sich seit Wochen auf eine drohende Invasion vor und blieb vorerst unbeteiligt, doch vor wenigen Tagen wurde der gegnerische Stoss auf BASEL Realität. Grenznahe Stützpunkte nördlich unseres Bataillons konnten dem Gegner bereits grosse Verluste zuführen. Nun gilt es den weiteren Vorstoss des Gegners zu verhindern.

Gegner

Nach dem abgeschlagenen Angriff im Norden reorganisiert der Gegner und wird in wenigen Tagen einen neuen Stoss mit frischen Kräften versuchen. Wir erwarten für unseren Raum als Spitzenelement ein mechanisiertes Bataillon ROT (3x Mechanisierte Kampfgruppe)

1 Mechanisierte Kampfgruppe ROT

  • 1 Zug Radschützenpanzer + 1 Räumungsmittel
  • 1 Zug Panzergrenadiere + 1 Räumungsmitte
  • 1 Kommando Zug + 2 Schützenpanzer
  • 1 Zug Kampfpanzer + 1 Räumungsmittel
  • 1 Zug Aufklärer

Eigene Mittel

Die Kampfmoral ist gut und die Truppe ist zuversichtlich aufgrund der Erfolge im Norden. Nun wurde das Gebirgsinfanteriebataillon 91 herangezogen, um ein Schwergewicht im Raum BASEL zu bilden. Es bleiben wenige Tage, um die Kampfvorbereitungen durchzuführen und das Verteidigungsdispositiv einzuexerzieren.

Die Gebirgsinfanteriekompanie 91/2 ist dazu verstärkt mit einem 8.1cm Minenwerfer- und einem Späherzug.

Die Nachbarverbände, Kompanie 1 und 3, haben den Auftrag, den Gegner Richtung Kreuzung 9123 zu kanalisieren und eine Flankierung durch ihren jeweiligen Raum zu verhindern.

Auftrag

Geb Inf Kp 91/2 (+) verhindert Stoss durch seinen Raum.

Umwelt

Die Bevölkerung im Zentrum der Stadt BASEL ist grösstenteils evakuiert. Verwenden Sie gegebenenfalls www.map.geo.admin.ch, um sich ein genaueres Bild zu machen; bei der zentralen Kreuzung handelt es sich um den BURGFELDERPLATZ.

Zeitverhältnisse

Die meisten Kreuzungen sind durch eine begehbare Kanalisation verbunden. Die Verschiebungszeit über 500m beträgt ca. 10 Min.

Fragestellung

  • Wie haben Sie ihre Züge positioniert?
  • Welchen Auftrag haben Sie Ihren Zügen erteilt?
  • Wie gewährleisten Sie die Widerstandsfähigkeit Ihrer Truppen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #10

Zum Decision Game vom Oktober haben uns vier Einsendungen erreicht – ein grossartiger Rücklauf auf ein taktisches Problem, mit erfreulichem Resultat: vier verständliche Lösungen mit echten Varianten.

Gemeinsam sind allen Lösungen verschiedene Überlegungen zur Rücklagerung des Minenwerferzugs, zur Ausnutzung der Kanalisation, zum Einexerzieren von Gegenstössen, zum Anlegen von Munitionsdepots etc. Auch wenn diese Aspekte wichtige günstige Voraussetzungen schaffen, werden sie hier nicht weiter diskutiert. Es gilt schlicht, die alten Standards der Armee 95 oder die wiedergewonnenen Erkenntnisse der letzten zwei Jahre umzusetzen. Ich lege deshalb den Fokus in der Beurteilung auf die Verteilung der drei Infanteriezüge.

Zum besseren Vergleich der Unterschiede sei deren räumliche Anordnung von Norden nach Süden und die jeweilige Kampfidee formuliert.

Die erste Lösung «ALFA» (in der Reihenfolge der Einreichung) weist ein 1 – 2-Schema auf: Ein Zug nutzt im Vorgelände bis zur Kreuzung 9123 ab und zieht sich anschliessend als Kompaniereserve zurück; südlich der Kreuzung nützen zwei Züge nebeneinander den Gegner ab und stoppen ihn erst relativ tief im eigenen Raum, auf Höhe BRAUSEBAD–SPALENTOR.

Die zweite Lösung «BRAVO» sieht 1 – 1 – 1 vor, wobei die drei Züge hintereinander im jeweils zugewiesenen Raum den Jagdkampf führen.

Die dritte Lösung «CHARLIE» plant 2 – 1 mit zwei Zügen, die zwei Stützpunktelemente nebeneinander in Front bilden und einem dritten Zug, der als Kompaniereserve für bewegliche Kampfführung zurückgelagert ist.

Die vierte Lösung «DELTA» ist ein 1 – 1 – 1 nebeneinander, mit dem zentralen Zug, der die Kreuzung 9123 sperrt und jeweils einem Zug in der Flanke (davon der rechte mit Raumverantwortung für die Abnützung im Vorgelände).

Von den vier Varianten spreche ich mich persönlich für ALFA aus. Ich teile die Ansicht, dass in der Tiefe des eigenen Raumes die Voraussetzungen besser sind als im Raum der Kreuzung 9123. Würde ich dort meinen zentralen Stützpunkt vorsehen, wäre dem Gegner ein konzentrisches Angreifen relativ einfach gemacht: So gesehen ist der Flankenschutz der Lösung DELTA nachvollziehbar und mir gefällt insbesondere, dass dem Gegner drei Züge nebeneinander präsentiert werden. Damit ist er gezwungen, sich entweder zu verteilen oder Abschnitte zu vernachlässigen, aus denen heraus ich Gegenangriffe führen kann. Allerdings scheint mir so weit vorne das Risiko zu gross. Denn dort ist dem Gegner die Möglichkeit des Auflockerns und Zusammenwirkens entlang von mindestens zwei und bis zu vier Achsen auf die Hauptkreuzung möglich. Ein ähnliches Problem weist meiner Meinung nach die Lösung CHARLIE auf. Das Nebeneinander von zwei Stützpunkten scheint mir sehr zielführend – allerdings auch hier zu weit vorne. BRAVO ist sicher innovativ, indem es anstelle der von der Infanteriedoktrin vorgesehenen Stützpunktlösung auf Jagdkampf mit Raumverantwortung für drei Züge setzt. Nebeneinander würde ich dem noch eine gewisse Chance geben, aber bei einer Anordnung hintereinander erlaube ich es dem Gegner, seine Kraft jeweils auf einen Zug zu konzentrieren – ich mache meine eigene Kompanie zur Salami. Dem gegenüber nutzt ALFA einerseits die Tiefe des eigenen Raumes. Die Auffächerung der Strassen von der Kreuzung 9123 nach Süden ausgehend führt automatisch zu einer Auffächerung der Kräfte des Gegners – oder, falls er sich konzentriert, zu Bewegungsräumen für meine Gegenstösse und sogar Gegenangriffe. In beiden Fällen kann ich Vorteile daraus ziehen, entweder für eine stärker statische oder eine stärker dynamische Kampfführung. Allerdings würde ich dies noch konsequenter tun und alle drei Züge nebeneinander aufstellen, etwa auf der Linie ALLSCHWILERPLATZ–PUNKT 276 (oder BRAUSEBAD)–SPALENTOR. Das eigene Vorgelände kann getrost dem Späherzug überlassen werden, der mit seinen sechs Gruppen in einer ersten Phase das Schwergewicht des Gegners erkennt und in einer zweiten Phase, sobald der Gegner auf der Stützpunktlinie aufgelaufen ist, den Gegner abnützt und das Minenwerferfeuer auf den aufgelaufenen und damit zum Absitzen gezwungenen Gegner leitet.

Die Lösung ALFA scheint mir diesen Gesichtspunkten zu grossen Teilen Rechnung zu tragen. Zudem kann durchaus argumentiert werden, dass der Gegner sein Vorgehen wohl auf die Hauptachsen Richtung BRAUSEBAD respektive SPALENTOR beschränkt, womit der Raum ALLSCHWILERPLATZ dem dritten Zug als Bereitstellung für Gegenangriffe dienen kann, was dann vollends der Lösung ALFA entspricht. In jedem Fall hat der Autor, Hptm Robin Wehrle, seinen Preis redlich verdient: wir gratulieren zum Sieg und einem Exemplar von «How to Think Like an Officer» von Reed Robert Bonadonna.

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Leader's Digest Leader's Digest #9 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #9

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Dr. phil. Florian Demont, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich mit einem Schwerpunkt in Militärethik.

Decision Game aus Leader’s Digest #9

Szenario

Glauben und Wissen

Der Oberleutnant Güldenstern sass kurz vor Mittag geduckt auf dem staubigen Boden des Hinterhofs, eingeschlossen von der Fassade eines stillgelegten Cafés und der schlichten Mauer einer Bäckerei. Seit drei Monaten, seit die Kampfhandlungen das Dorf erreicht haben, lag das Viertel im Stillstand, gehüllt in die Schatten einer Vergangenheit, die der ausländische Besitzer des Cafés mit sich in seine Heimat genommen hatte. Der Oberleutnant, die Beine eng an sich gezogen, die Ellbogen schwer auf seinen Knien, verbarg sein Gesicht in den Händen. Sein Haar, obwohl noch halbwegs gekämmt, zeigte Spuren der Verwahrlosung – ein stilles Zeugnis der verlorenen Normalität.

In seiner Versunkenheit bemerkte er nicht, wie sich die junge Frau, eine Angestellte der Bäckerei, leise in den Hof schlich, eine Zigarette zwischen den Lippen. Das plötzliche Knacken eines Zippo-Feuerzeugs durchschnitt die Stille. Überrascht hob er den Kopf, sein Blick fiel auf die Frau, die mit einer unbeschwerten Geste ihm eine Zigarette anbot. «Willst du mit mir eins rauchen?», fragte sie, ihre Stimme ein sanfter Kontrast zu dem Gewicht seiner Gedanken. Müde, erschöpft winkte er ab, doch ihre nächste Frage, ob es ihn störe, wenn sie sich zu ihm setze, bejahte er mit einem müden Nicken.

Während sie sich neben ihn niederliess, entbrannte ein Gespräch über die Kriegslage, ihre Worte flossen mit einer Mischung aus Hoffnung und Resignation. «Nach fünf Tagen ohne Kämpfe, Bomben und Minenfeuer – vielleicht ist das Schlimmste vorbei. Ich glaube, dass das Schlimmste vorbei ist” sinnierte sie, während sie tief an ihrer Zigarette zog. «Ich überlege, ins Landesinnere zu fliehen, wie so viele andere. Doch mein Chef will die Bäckerei weiter betreiben. Ihr habt die letzten Angriffe abgewehrt, das gibt mir Hoffnung.»

Der Oberleutnant, seine Augen weit geöffnet in der Dunkelheit des Hofs, schüttelte langsam den Kopf. «Ich weiss es nicht», gestand er, seine Stimme rauh vor Sorge. «Ich befürchte, dass der nächste Schlag bevorsteht. Unsere Kampfkraft ist auf dreissig Prozent gesunken. Wir haben zu viele verloren… zu viele gefallen… und die Munition ist fast aufgebraucht.»

Die junge Frau zog nachdenklich an ihrer Zigarette, strich sich das Haar aus dem Gesicht und liess dann beiläufig fallen, dass Frau Leuzinger, die Kindergärtnerin, gestern nach fünf Tagen an ihren Verletzungen erlegen ist. «Sie wollte Material aus dem Kindergarten holen, als der Angriff kam. Eine Mörsergranate…» Ihre Stimme brach. «Es ist schlimm, was wir erleben.»

«Frau Leuzinger?», wiederholte der Oberleutnant leise. Als sie nickte, liess er den Kopf sinken. «Ja, es ist schlimm. Manchmal frage ich mich, ob das alles noch einen Sinn hat.»

Sie sah ihn direkt an, ihre Augen fest entschlossen. «Ihr habt bis jetzt tapfer gekämpft. Wir müssen an uns glauben.»

Er starrte ins Leere. «Je grösser der Glaube, desto geringer das Wissen», murmelte er schliesslich. «Und ich weiss wirklich nicht, ob wir den Feind noch aufhalten können.»

In diesem Hinterhof, umgeben von den Geistern eines ruhenden Cafés und der Düsternis des Krieges, schwelte nicht nur die Glut ihrer Zigaretten, sondern auch die letzte Glut der Hoffnung – düster und ungewiss.

Mensch sein

Oberleutnant Güldenstern sass in seinem düsteren Zimmer im Gasthof zum Weissen Kreuz, umgeben von verstreuten Papieren und dem zerbrochenen iPad, das ihm als letztes Bindeglied zur Aussenwelt diente. Das Display, durchzogen von Rissen, spiegelte die zersplitterte Realität seines Kommandos wider. Die Nachrichten, die er mühselig entzifferte, waren vom Chef Operationen des Bataillons, Major Kramer, der keine Milde in seiner Stimme kannte, als er Güldenstern in einem kürzlichen scharfen Telefonat zurechtwies.

«Güldenstern, hinterfrag jetzt nicht deinen Auftrag. Du hast einen Befehl und der Befehl ist, deine Kompanie sperrt die Achse. Und das bis zum letzten Mann. Verdammt nochmal! Keinen Schritt zurück!», hatte Kramer forsch befohlen, als wäre die Entschlossenheit seiner Worte allein genug, um die Wirklichkeit zu biegen. «Sei etwas kreativ, verdammt nochmal!» Dieser Befehl hallte nun in Güldensterns Gedanken wider, während er aus dem Fenster auf die verlassenen Strassen blickte.

Draussen ging das Leben weiter, auch wenn es für manche ein Leben auf der Flucht war. Ein Vater packte seinen Skoda mit Koffern, während ein kleines Mädchen einen grossen Teddybär herbeitrug, ein stummer Zeuge der Zerrissenheit, die diesen Ort beherrschte. Die Mutter, das Gesicht vom Weinen gezeichnet, trug ein weiteres Kind. Güldenstern beobachtete sie, wie sie schliesslich davonzogen, Richtung einer vermeintlich sichereren Umgebung im Landesinnern.

Zurück in der Einsamkeit seines Zimmers begann Güldenstern, den Sinn seiner Mission zu hinterfragen. Die Forderungen von Major Kramer, die Achse um jeden Preis zu halten, klangen in seinen Ohren nach, während er die letzte Korrespondenz nochmals durchging. Die Aussichten waren düster; der Feind schien sich zu verstärken, und die eigenen Ressourcen schwanden zusehends. «Alles andere ist mir scheissegal», hatte Kramer gesagt. Aber für Güldenstern war es das nicht. Die Opfer, die Kämpfe, die kleinen und grossen Tragödien – sie waren nicht egal.

In einem Moment der Stille, unterbrochen nur durch das Knistern des alten Holzbodens unter seinen Füssen, spürte Güldenstern die Last der Verantwortung. Er wusste, dass jeder Befehl, den er gab, das Potenzial hatte, Leben zu kosten oder zu retten. Die Zweifel, die langsam in ihm aufkeimten, waren subtil, doch in der Stille seines Zimmers wurden sie lauter. Wie lange noch konnte er einen sinnvollen Kampf führen, wenn die Bedingungen so hoffnungslos waren? Wann war der Punkt erreicht, an dem die Verteidigung nicht mehr nur eine militärische Aufgabe, sondern eine Frage der Menschlichkeit wurde?

Er griff nach dem Telefon, entschlossen, noch einmal mit Kramer zu sprechen, obwohl er wusste, dass es wenig ändern würde. Doch in diesem Moment zögerte er. Sein Blick fiel erneut auf das Fenster, durch das er die Familie hatte fortziehen sehen. Die Entscheidung, zu kämpfen oder nicht, war mehr als eine taktische Überlegung; es war eine ethische Frage, die tief in das Herz dessen schnitt, was es bedeutete, Befehle zu befolgen und zugleich Mensch zu sein.

Mit einem tiefen Atemzug legte Güldenstern den Hörer wieder auf. Die Nacht zog auf, und mit ihr kam die Ungewissheit. Aber in dieser Ungewissheit lag auch eine Art Klarheit. Vielleicht, dachte er, lag die wahre Herausforderung nicht darin, die Achse zu halten, sondern zu entscheiden, wann der Preis für die Verteidigung zu hoch wurde.

Wahrheit

Genau um 06.00 Uhr, wie jeden Morgen, sofern nicht die Umstände des Krieges es verhinderten, nahm Oberleutnant Güldenstern eine kalte Dusche. Vor dieser morgendlichen Erfrischung absolvierte er jedoch einen 45-minütigen Lauf und einige körperliche Übungen im Morgengrauen. Diese täglichen Rituale waren für ihn nicht nur eine Frage der Körperhygiene, sondern bildeten ein festes Bollwerk gegen das umgebende Chaos. Sie verliehen ihm das Gefühl einer gewissen Normalität, einer Ordnung, die er dringend benötigte, um die Zerrissenheit der Welt ausserhalb seines Kommandopostens zu bewältigen. Mit dieser Routine gab er sich die Kraft, dem Unvorhersehbaren des Tages entgegenzutreten.

Nach dem Laufen und den Übungen, noch unter der kalten Dusche stehend, überdachte Güldenstern, was er beim Kompanierapport, der in knapp zwei Stunde anstand, verkünden sollte. Er hoffte inständig auf gute Nachrichten von Major Kramer, darauf, dass endlich die versprochene Verstärkung unterwegs sei. Doch als er, nach dem Duschen, in sein Zimmer zurückkehrte, um dort sein spartanisches Frühstück zu sich zu nehmen – drei leicht gekochte Eier und eine Tasse Filterkaffee –, fand er auf seinem iPad nichts Ermutigendes. Keine neuen Nachrichten vom Bataillon, nur die düstere Bestätigung der Aufklärer und Nachrichtendienste, dass ein gegnerischer Angriff innerhalb der nächsten 36 Stunden erwartet wurde. Die Befehle waren unverändert, der Druck ungemindert.

Widerstrebend öffnete er einige Online-Zeitungen, ein Ritual, das er sich fast abgewöhnt hatte. Die Schlagzeilen sprachen von der Flucht der Zivilbevölkerung ins Landesinnere, von bevorstehenden Angriffen und mutmasslichen Kriegsverbrechen des Feindes. Politiker warfen Durchhalteparolen in den Raum, und es gab die üblichen heroischen Geschichten von tapfer kämpfenden Schweizer Soldaten – Erzählungen, die Güldenstern mittlerweile mehr zynisch als inspirierend empfand.

Er schloss das iPad mit einer fast resignierenden Geste. Die Nachrichten änderten nichts an der Realität seiner Kompanie, nichts an dem unmittelbaren Druck, den seine Männer spürten, und nichts an der schwindenden Hoffnung, die er täglich in ihren Augen sah. Güldenstern war klar geworden, dass seine Welt, der kleine Ausschnitt an Realität, für den er verantwortlich war, der einzige Bereich war, den er beeinflussen konnte. Alles andere war nur Rauschen, das ihn von seiner eigentlichen Aufgabe ablenkte.

Mit festem Schritt und einer schweren Last auf seinen Schultern machte er sich auf den Weg zum Rapport. Dort würde er seinen Männern gegenübertreten, die auf Führung und Hoffnung warteten, auch wenn beides immer schwerer zu vermitteln war. Güldenstern wusste, dass er ihnen die Wahrheit schuldete, so düster sie auch sein mochte.

Pflicht gegenüber wem?

Pünktlich um 8 Uhr begann der Rapport der Infanteriekompanie in dem behelfsmässig eingerichteten Kommandoposten, tief im Keller einer alten Giesserei. Der Besitzer, selbst ehemaliger Feldwebel, hatte diesen Ort zur Verfügung gestellt und unterstützte, wo er nur konnte. In den kalten, mit Echos gefüllten Hallen richtete Oberleutnant Güldenstern das Wort an seine Offiziere. «Nehmen Sie Platz, meine Herren», sagte er mit einer Stimme, die Stärke projizieren sollte, jedoch von der Last der Verantwortung gezeichnet war.

Er berichtete über die Lage, während die tristen Blicke seiner Zugführer ihm gegenübersassen. «Der Auftrag bleibt derselbe. Wir müssen die Achse sperren und einen gegnerischen Durchbruch hier verhindern», erklärte Güldenstern, doch die Skepsis in den Augen seiner Männer war unübersehbar.

Leutnant Rohner, sichtlich angespannt, brach das Schweigen. «Güldenstern, bekommen wir Munition? Bekommen wir Verstärkung? Wie sollen wir hier verteidigen, wie sollen wir hier sperren? Ich habe keine Männer mehr. Mein Zug besteht noch aus neun Soldaten.»

Güldenstern überlegte kurz, ein schwerer Seufzer entwich ihm. «Ja, wir werden die Soldaten etwas aufteilen. Wir müssen die Züge ausgleichen.» Doch als er begann, seine Pläne darzulegen, wie die verbliebenen Soldaten umverteilt werden sollten, erkannten alle die Absurdität der Situation. Steffen, einer der erfahreneren Offiziere, schüttelte resigniert den Kopf. «Das ist absurd, Güldenstern. Wir können noch so viel hin und her schieben. Wir könnten sogar die Küchenmannschaft bewaffnen, aber was bringt das?»

Leutnant Zysset fügte hinzu, halb im Scherz, halb in Verzweiflung: «Vielleicht finden wir ja noch ein paar Leute im Dorf, die uns helfen, sich zu verteidigen. Vielleicht hat noch jemand ein Sturmgewehr zu Hause.»

Güldenstern strich sich mit Daumen und Zeigfinger über die geschlossenen Augen und schwieg einen Moment. «Wir haben einen Befehl, einen Auftrag», sagte er schliesslich, die Worte schmeckten bitter in seinem Mund.

Steffen antwortete darauf, die Stimme voller Sorge: «Aber was bringt es, wenn wir den Auftrag nicht erfüllen können? Wenn wir wissen, dass wir den Auftrag nicht erfüllen können? Alles was wir tun, ist Leben zu vergeuden. Für was?”

In diesem Moment ergriff der jüngste der Offiziere, Leutnant Bregi, das Wort. Seine Stimme war fest, durchdrungen von einer fast naiven Entschlossenheit. «Meine Herren, wir haben eine Pflicht. Es ist unsere Pflicht, zu kämpfen. Was immer es heissen will. Bis zu jedem letzten Blutstropfen. Das sind wir unserem Vaterland schuldig.»

Die Stille, die darauffolgte, war erdrückend. Alle Augen richteten sich auf Güldenstern, der nach den richtigen Worten rang. Schliesslich stellte er eine Frage in den Raum, eine Frage, die mehr an sich selbst oder an eine höhere Macht gerichtet schien als an seine Männer. «Bis wann ist Verteidigung ethisch noch vertretbar? Bis wann ist der Kampf ethisch noch vertretbar? Bis wann ist es ethisch vertretbar Opfer zu erbringen? Wem sind wir verpflichtet? Unseren Vorgesetzten? Unseren Mitmenschen? Unserem Gewissen?»

Dann stand er auf, seine Gestalt etwas gebeugt unter der Last der unsichtbaren Bürde. «Meine Herren, ich muss mich zurückziehen. Lassen Sie uns in einer Stunde noch einmal zusammenkommen. Ich brauche Zeit für mich.» Mit diesen Worten verliess er den Raum, hinterliess seine Offiziere in einer Atmosphäre der Unsicherheit und des Zweifels.

Fragestellung

  • Bis wann ist Verteidigung ethisch noch vertretbar?
  • Bis wann ist der Kampf ethisch noch vertretbar?
  • Bis wann ist es ethisch vertretbar Opfer zu erbringen?
  • Wem sind wir verpflichtet? Unseren Vorgesetzten? Unseren Mitmenschen? Unserem Gewissen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #9

Zum Decision Game vom September haben uns vier Einsendungen erreicht. Die eingereichten Lösungen zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit der moralischen und politischen Fragestellung und verdeutlichen die vielschichtige Komplexität der hier vorliegenden Problematik.

Oberleutnant Güldenstern steht vor einem klassischen moralischen Dilemma, bei dem er entscheiden muss, ob er einen militärischen Befehl ausführt, der das Leben seiner Soldaten aufs Spiel setzt, oder ob er den Befehl verweigert, was ihn persönlich (Kriegsgericht, Schande) sowie kollektiv (militärischer Misserfolg) in erhebliche Schwierigkeiten bringt. Es geht um die Abwägung von Gehorsam und moralischer Verantwortung, besonders im Hinblick auf die ethischen Prinzipien, die den Schutz des Lebens und die Pflicht zur Durchführung eines militärischen Auftrags betreffen.

Ethische Prinzipien und Theorien

Die ethische Analyse kann auf verschiedene theoretische Grundlagen zurückgreifen, wobei zwei Hauptansätze von Bedeutung sind:

  • Die traditionelle Theorie des gerechten Krieges und das darauf basierende Völkerrecht bieten klare normative Rahmenbedingungen für den Krieg, wobei Prinzipien wie Verhältnismässigkeit, letzte Möglichkeit und legitime Autorität eine zentrale Rolle spielen. Nach diesem Ansatz hat Güldenstern die Pflicht, den Befehl seiner Vorgesetzten zu befolgen, solange diese Prinzipien nicht offensichtlich verletzt werden.
  • Revisionistische Ansätze wie die von Jeff McMahan stellen diese herkömmlichen Annahmen in Frage und betonen, dass individuelle Soldaten die moralische Pflicht haben, Aufträge und Befehle zu hinterfragen und zu beurteilen, ob sie gerechtfertigt sind. Hier wird die individuelle moralische Verantwortung betont, selbst in hierarchischen Strukturen, was bedeutet, dass Güldenstern trotz seines Ranges und seiner Pflichten möglicherweise zu der Schlussfolgerung gelangen könnte, dass die Verweigerung ethisch geboten ist.

Moralische und politische Legitimität

Ein zentrales ethisches Spannungsfeld besteht zwischen moralischer und politischer Legitimität. Politische Legitimität verweist auf die Anerkennung von Befehlen und Strukturen, die von einem politischen Mandat abgeleitet werden, das nach legitimen demokratischen Prozessen ins Leben gerufen wurde. Moralische Legitimität stellt den Schutz grundlegender ethischer Werte wie Menschenwürde ins Zentrum. Für Güldenstern stellt sich die Frage, ob sein Befehl, die Achse um jeden Preis zu verteidigen, moralisch legitim ist, selbst wenn er politisch und institutionell gedeckt ist. Hat Güldenstern das moralische Recht oder sogar die Pflicht, seine eigene Autonomie über die Aufträge und Befehle der Institution zu stellen, um das Leben seiner Soldaten zu schützen?

Militärische Hierarchie und Disziplin

Die militärische Hierarchie stellt eine strukturelle Einschränkung der individuellen Autonomie dar. Güldenstern ist in einem System, das Disziplin und Auftragstreue verlangt. Er muss möglicherweise unmoralische Handlungen ausführen, weil das System sie von ihm verlangt. Doch eine bewusste Entscheidung, einen Befehl zu missachten, setzt ihn erheblichen persönlichen Konsequenzen aus, wie dem Risiko eines Kriegsgerichts.

Hypothetisch betrachtet: Was passiert, wenn Güldenstern den Befehl verweigert?

  • Szenario 1: Die Kompanie zieht sich zurück, was viele (Soldaten-) Leben retten könnte, aber dies könnte zu einem militärischen Misserfolg führen und Güldenstern könnte wegen Befehlsverweigerung verurteilt werden.
  • Szenario 2: Güldenstern folgt dem Befehl, was zu schweren Verlusten unter den Soldaten führt. Zudem wird der militärische Auftrag wahrscheinlich nicht erfüllt. Die Frage bleibt, ob so ein Himmelfahrtskommando moralisch vertretbar wäre.

Moralischer Mut

Eine weitere Dimension ist der Mut. Güldenstern könnte die Entscheidung treffen, aus moralischem Mut den Befehl zu verweigern, obwohl er weiss, dass dies schwerwiegende Konsequenzen für ihn haben könnte. Die Frage ist, ob es vertretbar ist, persönliches Risiko einzugehen, um das Richtige zu tun, wenn dies das Leben anderer schützen kann. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass das kein ethisches Dilemma ist, sondern schlicht eine Frage der Persönlichkeit und des Vorbilds.

Perspektive der Soldaten

Die Soldaten von Güldenstern, wie Leutnant Bregi, stehen vor ähnlichen ethischen Fragen. Sollen sie ihm folgen, auch wenn sie die Sinnhaftigkeit des Befehls von Güldenstern in Frage stellen? Die revisionistische Theorie des gerechten Krieges betont, dass auch niedrigere Ränge eine moralische Verantwortung haben, Befehle zu prüfen. Dies wirft die Frage auf, wie realistisch es ist, dass Soldaten in stressbeladenen Situationen diese ethischen Überlegungen tatsächlich umsetzen können. Ausserdem ist es fraglich, ob sich Soldaten an Befehle von Vorgesetzten halten werden, die sich selber nicht an Aufträge und Befehle halten.

Stress, Emotionen und Unsicherheit

Die praktischen Herausforderungen bei der Anwendung ethischer Prinzipien in extrem stressigen militärischen Situationen sind nicht zu unterschätzen. Emotionen, Stress und die Unsicherheit der Lage können die Fähigkeit zur rationalen ethischen Reflexion erheblich beeinträchtigen. In einem militärischen Kontext, in dem Entscheidungen in Extremsituationen getroffen werden müssen, kann die Umsetzung abstrakter ethischer Theorien wie der des gerechten Krieges schwierig bis unmöglich sein – und zwar selbst dann, wenn das bis zu einem gewissen Grad trainiert wurde.

Einfluss der öffentlichen Meinung

Güldenstern und seine Soldaten könnten durch zivile Medien und die öffentliche Meinung beeinflusst werden. Der Druck, als «Helden» wahrgenommen zu werden, oder die Erwartung, das Vaterland zu verteidigen, könnte die Entscheidungsfindung erheblich beeinflussen. Diese externen Einflüsse erschweren die Abgrenzung zwischen ethisch richtigen Entscheidungen und solchen, die durch soziale Erwartungen verzerrt werden. Ausserdem hat die öffentliche Meinung in einer Demokratie auch in Kriegszeiten Einfluss darauf, was als politisch legitim gelten darf und was nicht. Es muss bedacht werden, dass Güldenstern und seine Soldaten Bürger in Uniform sind.

Langfristige Konsequenzen: Moralische Verletzungen und Traumata

Unabhängig davon, wie Güldenstern entscheidet, könnte seine Wahl langfristige moralische Verletzungen (moral injuries) und Traumata sowohl für ihn selbst als auch für seine Soldaten mit sich bringen. Wenn er den Befehl befolgt und viele seiner Männer sterben, könnte dies zu tiefgreifenden Verletzungen führen. Aber auch die Entscheidung, den Befehl zu verweigern, könnte schwerwiegende Konsequenzen für die Möglichkeit einer psychologischen und sozialen Wiedereingliederung nach dem Krieg haben, da Soldaten oft mit Schuldgefühlen und inneren Konflikten zu kämpfen haben, wenn sie den Erwartungen nicht gerecht werden oder den Eindruck haben, von vorgesetzter Stufe verlassen worden zu sein.

Offene Schlussbetrachtung

Die ethische Analyse dieses Dilemmas führt zu keiner einfachen oder klaren Handlungsempfehlung. Güldensterns Entscheidung wird letztlich zwischen der Einhaltung militärischer Disziplin, der Wahrung seiner moralischen Integrität und dem Schutz des Lebens seiner Soldaten abgewogen. Die moralischen Theorien bieten Orientierung, doch ihre Anwendung in realen, stressbeladenen militärischen Kontexten wie diesem bleibt eine Herausforderung. Konkret müssen sich militärische Entscheidungsträger der Tatsache stellen, dass es Situationen gibt, in denen sie nur schlechte Optionen haben. Und in Extremsituationen zwischen schlechten Optionen entscheiden zu müssen, führt an die Grenzen des Menschseins.

Oblt Wehrles Handlungsempfehlung hebt sich dabei von den anderen Analysen ab, da er nicht nur die ethischen Dilemmata differenziert beleuchtet, sondern auch konkrete Handlungsanweisungen gibt, die sowohl ethisch als auch praktisch durchdacht sind. Während andere Analysen zwar fundierte ethische Überlegungen anstellen, bleibt Wehrle der Einzige, der eine klare Lösung präsentiert. Er schlägt vor, dass Güldenstern die Situation erneut analysiert, mit dem Bataillonskommandanten Kontakt aufnimmt und, wenn nötig, den Rückzug vorbereitet. Diese Handlungsanweisung berücksichtigt die übergeordneten ethischen Verpflichtungen gegenüber Vorgesetzten, Untergebenen und Zivilisten gleichermassen, was seine Lösung besonders überzeugend macht. Im Vergleich dazu bleiben die anderen Empfehlungen zu sehr auf die Analyse der Problematik beschränkt, ohne einen konkreten Ausweg zu bieten.

Wehrles Ansatz glänzt inhaltlich durch seine realistische Einschätzung der Lage und die klare Verknüpfung ethischer Prinzipien mit praktischer Machbarkeit. Besonders hervorzuheben ist, dass er die verschiedenen Verantwortlichkeiten Güldensterns – gegenüber den Vorgesetzten, der Kompanie und der Zivilbevölkerung – gleichwertig und verantwortungsbewusst in den Entscheidungsprozess einbindet. Seine Vorschläge zur Kommunikation mit den Vorgesetzten und zur Vorbereitung eines geordneten Rückzugs zeigen eine hohe Sensibilität gegenüber den möglichen Konsequenzen der Entscheidung. Dadurch ist Wehrles Lösung nicht nur ethisch fundiert, sondern auch realistisch und praktisch umsetzbar, was sie von den anderen Analysen unterscheidet. Gerne zeichnen wir ihn mit einem Exemplar «Xenophon’s Cyrus the Great – The Arts of Leadership and War» von Xenophon, mit Editor Larry Hedrick aus und möchten uns bei allen Teilnehmenden für ihre angeregten Einsendungen bedanken.

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Leader's Digest Leader's Digest #8 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #8

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #8

Szenario

Um 1100: Kaum 30’ im Bereitschaftsraum BERN-BETHLEHEM angekommen, erhält Ihre Kompanie (Pz Gren Kp 14/3) vom Kommando des Mech Bat 14 die Meldung, dass der Gegner die Frontlinie im JURA an mehreren Stellen durchbrochen hat und mit seinen Aufklärungsspitzen bereits vor 2h den JURA-SÜDFUSS bei NEUENBURG erreicht hat.

Somit ist die schlimmste aller gegnerischen Entwicklungsmöglichkeiten eingetroffen. Offensichtlich beabsichtigt der Gegner mit einem raschen Stoss durchs SEELAND, einerseits über den SAANEGRABEN mit 2-3 Kampfbataillonen nebeneinander Richtung BERN zu stossen und andererseits in gleicher Stärke bei AARBERG die AARE zu überschreiten und durchs LYSSBACHTAL Richtung MOOSEEDORF zu stossen, um das politische Zentrum BERN von Nord und Süd zu umfassen.

Das Mechanisierte Bataillon 14 hat als Frontverband vor kurzem den Bereitschaftsraum BERN erreicht, während die restlichen Kräfte der Brigade im Raum BERNER OBERLAND die Einsatzbezogene Ausbildung abgeschlossen haben und die Marschbereitschaft erstellen. Aufgrund der jüngsten Lageentwicklung erhielt das Mechanisierte Bataillon 14 die Aufgabe, den gegnerischen Vorstoss Richtung BERN für 5-7h zu verzögern und das Ausbrechen gegnerischer Kräfte über THÖHRISHAUS Richtung BELPMOOS verhindern, um dadurch günstige Voraussetzungen für Folgekräfte der Brigade zu schaffen und gleichzeitig den Zusammenschluss gegnerischer Kräfte SE von BERN und damit die Einkesselung der Hauptstadt zu verhindern.

Um 1110: Der Gegner befindet sich nach neusten Meldungen mit seinen Spitzen in der Stärke von 2 Mechanisierten Infanteriekompanien im Raum MURTEN – SEELAND. Es wird erwartet, dass der Gegner innerhalb der nächsten Stunde mit 1-2 Kompanien in Front über GURMELS an die SAANE stossen wird, um nach einer Feuervorbereitung die SAANE einerseits bei LAUPEN und anderseits im Norden via SAANEVIADUKT (A1) sowie bei GURMES überschreiten und innerhalb weiterer 2h nach BERN-BRÜNNEN und an die A12 weiterzustossen wird.

Sie sind Zugführer AMBOS der Panzergrenadierkompanie 14/3 (CHARLIE). Ihr Zug wurde als Spitzenverband vor 5’ (Auslösung erfolgte um 1125) in Marsch gesetzt.

Aktuell fahren Sie als Spitzenzug von BERN BETHLEHEM in Süd-West Richtung bei NIEDERWANGEN auf die A12, um bei LAUPEN als Teil der CHARLIE Kompanie das Übersetzen des Gegners über die SAANE für mindestens 4h zu verhindern (gemäss Kompaniekommandant erfolgen detailliertere Befehle vor Ort).

Um 1130: Der Gegner hat die SAANE bei GÜMMENEN mit Aufklärungskräften in Zugsstärke überschritten. Die vorgesetzte Stufe erkennt ein Verlagern des Schwergewichts des gegnerischen Stosses entlang der Achse MÜHLEBERG – FRAUENKAPPELEN.

Der Gegner hat zudem Mechanisierte Infanterie im Raum Westlich SAANE-GRABEN bei GÜMMENEN zusammengezogen. Es ist davon auszugehen, dass er innerhalb der nächsten Stunde mit mindestens 1 Mechanisierten Infanteriekompanie zum Stoss über MÜHLEBERG Richtung BERN ansetzt.

Für die Kompanie CHARLIE geht es darum, den Gegner zwischen MÜHLEBERG und FRAUENKAPPELEN für 4-5h zu verzögern, damit sich unser Bataillon im Raum BERN BETHLEHEM sowie entlang der A12 zur Verteidigung einrichten kann.

Gegner

Zwei Mechanisierte Infanteriekompanien; genaue gegnerische Mittel sind noch unbekannt.

Eigene Mittel

Als Zugführer AMBOS in der Kompanie CHARLIE verfügen Sie über folgende Mittel:

2 Panzergrenadier-Patrouillen, also 4 Panzergrenadier-Gruppen mit je:

  • 1 Schützenpanzer CV 90
  • 2 RGW
  • 2 LMg sowie
  • 3x Trichter-Sprengladungen 88

Zudem stehen Ihnen als Zugführer Drohnenteam 3 Mini-UAVs mit je einer Autonomie von 15’ zur Verfügung.

Auftrag

Per Funk erhalten Sie den folgenden Auftrag – Sie befinden sich noch in der Annäherung:

Zug AMBOS

  • sperrt innerhalb der nächsten 1h im Raum zwischen ALLENLÜFTEN und HEGGIDORN und verhindert einen gegnerischen Stoss entlang der Überlandstrasse südlich von STOCKERE für mindestens 1h-2h ohne sich dabei mit dem Gegner zu verzahnen.
  • Hält sich bereit anschliessend in den Raum NIEDERBOTTIGEN auszuweichen und sich im Raum BERN-BRÜNNEN als Verfügungsverband bereitzuhalten.

Besondere Anordnungen:

Die Kompanie CHARLIE erhält für die kommenden 2h die Feuerpriorität der unmittelbaren Feuerunterstützung durch die 12cm Mörserkompanie 14/5. Da für diese Lageentwicklung kein Feuerführungskonzept erstellt wurde, müssen die Feuerräume auf Stufe Zug ausgeschieden werden und mittels ARTUS-Verfahren (Angabe von Ziel-Zweck-Zeit) geführt werden.

Umwelt

Der Kartenausschnitt ALLENLÜFTEN – HEGGIDORN ist für Ihre Befehlsausgabe ausreichend. Für das Gesamtverständnis lohnt sich jedoch ein Blick auf die Landeskarte 1:50’000 (https://map.geo.admin.ch/#/map?lang=de&center=2587119.13,1200345.31&z=6.2).

Fragestellung

  • Fassen Sie einen Entschluss für die Sperre ALLENLÜFTEN.
  • Halten Sie sich bereit Ihren Panzergrenadierzug aus dem Marsch zu befehlen.
  • Beachten Sie, sich nicht mit dem Gegner zu verzahnen, um sich Richtung Osten absetzen zu können.
  • Planen Sie das zur Verfügung stehende Bogenfeuer effektiv ein.

Sie können Ihre Antwort entweder als Skizze – basierend auf dem Kartenausschnitt – einreichen oder im Wortlaut der Funkmeldung an ihre unterstellten Gruppenführer.

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #8

Zum Decision Game vom August haben uns vier Einsendungen erreicht – der beste Rücklauf auf ein taktisches Problem soweit, mit erfreulichem Resultat: Es sind vier Lösungen mit verständlichen, kompakten Aufträgen – zusätzlich jeweils mit Kartenausschnitten visualisiert.

Eindrücklich ist dieses Mal, dass die vier Lösungen sich ausgesprochen ähnlich sind. Alle Lösungen sehen den Einsatz von Panzerwarnern im Vorgelände vor – sei es durch eine Patrouille oder durch Drohne; hier wurde das Handwerk verstanden und es wird bei den Zeitverhältnissen über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Sämtliche vier Lösungen sehen eine Staffelung von mehreren Sperren vor, dabei jeweils die erste frühestens auf Höhe ALLENLÜFTEN, spätestens auf Höhe Eintritt Hauptstrasse in den Wald; die letzte frühestens bei Punkt 673 und spätestens am Ortsrand HEGGIDORN. Der Raum dazwischen wird von drei Einsendungen für eine dritte Sperre genutzt, die vierte nutzt den Raum OBERE LEDI als Bewegungsraum für einen Gegenangriff.

Das Mörserfeuer wird verschiedentlich gehandhabt, eine Einsendung weist drei Feuerräume aus, eine andere vier, eine definiert elf Planfeuer, darunter auch Niederhalten als Linienziel – offensichtlich ist hier die Umschulung auf die neuen Schiessverfahren bereits erfolgt. Die weiteren Unterschiede sind marginal, die Funksprüche sind allesamt kompakt, Sofortmassnahmen werden angeordnet – mit diesen vier Autoren könnten die vier Gefechtskompanien eines Bataillons geführt werden.

Lösungsskizze Decision Game #8

Welcher der Ansätze zielführend ist, könnte abschliessend wohl nur im Gelände beurteilt werden, aber es handelt sich um einen Kartenentschluss – und entsprechend ein Kartenurteil. Von den vier Einsendungen präferiere ich die, welche sämtliche Sperren weiter östlich als die anderen eingeplant hat. Ich sehe darin verschiedene Vorteile: die Gefahr einer Verzahnung oder gar Umfassung in ALLENLÜFTEN ist reduziert und das Potential des «Feuersacks» mit dem natürlichen Stauraum im Wald dürfte sich wesentlich besser entfalten, wenn der Gegner erst in den Raum hineingelassen wird. Der Preis für diese Lösung geht entsprechend erneut an Hptm Raphael Iselin, welcher sich bereits im Juni mit seiner Handlungsempfehlung behaupten konnte. Er erhält das Exemplar «Strategie – Die Logik von Krieg und Frieden» von Edward Luttwak zugestellt. Das Prinzip Feuersack kann übrigens noch weitergedacht werden, wie die Lösung in der Abbildung oben zeigt. Diese stammt jedoch vom Autor und wird deshalb nicht prämiert.

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Leader's Digest Leader's Digest #7 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #7

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #7

Szenario

In der Schweiz wird eine grosse Konferenz durchgeführt. Der militärische Einsatzleiter ist erkrankt und als sein Stellvertreter übernehmen Sie nun die Führungsverantwortung. Obwohl Sie in der Vorbereitung involviert sind, sind Sie mit der hierarchischen Organisation mit 27 Direktunterstellten nicht glücklich und überlegen sich, auch aufgrund der Informationen aus «Power to the Edge», einen neuen Ansatz.

Fragestellung

  • Welche Struktur sehen Sie vor?
  • Welche Grundüberlegungen sind wegweisend für ihre Entscheidung?
  • Wie stellen Sie Führung und Kontrolle sicher?
  • Wie müssen Sie kommunizieren und wie schaffen Sie es, dass Entscheidungen an den Rändern gefördert werden?
  • Gibt es kurzfristige Änderungen im Mindset, die Sie provozieren müssen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #7

Zum Decision Game vom Juli hat uns eine Einsendung erreicht. Sie sehen also, dass die Gewinnchance bis zu 100% betragen kann.

Die Einsendung ist anhand der gestellten Fragen strukturiert, weshalb ich (Patrick Hofstetter) sie auch entsprechend diskutiere.

Welche Struktur sehen Sie vor?

Der Einsender weist darauf hin, dass es im realen Leben wohl zu spät ist. Tatsächlich hängt die Frage, ob eine Transformation sich auszahlt, nicht nur davon ab, wie gross der finale Nutzen sein wird, sondern auch, für wie lange von diesem profitiert werden kann und wie gross der Transformationsaufwand ist. In einem laufenden Rennen sollte man selten die Pferde wechseln – es sei denn, das Pferd ist lahm, eine Alternative kann einfach eingewechselt werden und das Rennen dauert noch lange.

Davon abgesehen betont der Einsender, dass er am liebsten mit der flachen Hierarchie arbeiten würde, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass in den unteren (taktischen) Stufen hocherfahrene Kommandanten, zivile Chefs fest mit ihren Einheiten und Kompetenzen verankert sind. Auch dem ist nicht zu widersprechen. Tatsächlich weist es auf eine Schwäche in der Aufgabenstellung hin: Ob und welche Struktur (Management) erforderlich ist, hängt massgeblich davon ab, welcher Auftrag (Command) damit zu erfüllen ist und mit welchen Menschen (Leadership) ich das tun kann. Der Einsender führt das weiter aus in der Antwort auf die folgende Frage:

Welche Grundüberlegungen sind wegweisend für ihre Entscheidung?

Sein Urteil lautet, je komplexer die Aufgabe, desto flacher müsse die Hierarchie sein, denn «nur wenn sehr erfahrene Chefs […] so tief unten wie möglich und somit rasch Situationen lösen können und dürfen, generiert dies auf der oberen und obersten Führungsstufe die nötige Ruhe um sich um ihre Bereiche zu kümmern.» So formuliert ist dies ein Bekenntnis zu den Grundsätzen der Auftragstaktik, dem auch die Redaktion nur beipflichten kann. Dies kommt auch in der nächsten Antwort zur Geltung:

Wie stellen Sie Führung und Kontrolle sicher?

Hier verweist der Einsender erneut auf die Erfahrung der Direktunterstellten als Grundlage und stellt eine spannende Gegenthese zum vielgehörten Glaubenssatz auf: «Information ist Bringschuld». Er versteht das im Sinne einer dienenden Grundhaltung der Vorgesetzten, der ich mich voll und ganz anschliessen kann, mit einer Nuance: Ich würde darauf verzichten, diesbezüglich auf die inflationär verwendeten, modisch oszillierenden, inhaltlich irreführenden und empirisch widerlegten «Positive Leadership Styles» wie Servant (oder Authentic, Charismatic, etc) Leadership zu verweisen. Wichtig bleibt allerdings, dass gepaart mit flacher Hierarchie Chef und Stab ausreichend Zeit haben, um die Direktunterstellten und die Einsatzkräfte zu unterstützen.

Wie müssen Sie kommunizieren und wie schaffen Sie es, dass Entscheidungen an den Rändern gefördert werden?

Diese Antwort alleine hätte den Preis verdient: «Erfahrung ist nichts anderes als langjährige Funktion in derselben Stelle. Im Gegensatz zu den Blaulichtorganisationen wechseln wir in der Armee viel zu schnell unsere Verantwortungsbereiche. Ein Kommandant sollte mindestens acht Jahre in seiner Funktion verweilen. Die Kettenreaktion spiegelt sich in den Stäben.» Tatsächlich wurde ich schon gefragt, weshalb ich «erst» mit 40 Jahren Bataillonskommandant wurde. Generell scheint mir, dass wir vielerorts Laufbahnen mit Wettrennen verwechseln. Mit jedem zusätzlichen Jahr, dass ich auf der Führungsstufe (n-1) verbracht habe, werde ich in der Führungsstufe n automatisch besser sein. Dies gilt nicht nur für die Milizkader, sondern in ganz besonderem Masse für die Berufsmilitärs. Die Einsatz- und Laufbahnsteuerung denkt nach wie vor in Kategorien, als der Instruktor ein Zweitberuf war, der vielleicht von 30 bis 58 ausgeübt wurde. Heute verlassen Berufsmilitärs nicht nur MILAK und BUSA früher, sie werden auch (mindestens) bis 65 arbeiten. Diese Verlängerung der Laufbahn um rund 50% könnte zum Anlass genommen werden, die Verwendungen um mindestens 50% zu erstrecken – wobei es schon reichen würde, die angestrebten Kommandierungen zeitlich auszuschöpfen. Der Einsender weist die Vorteile vor, denen ich vollumfänglich zustimme: Fähigkeiten werden solider aufgebaut, mit steigender Erfahrung verringert sich der Aufwand, wächst das Vertrauen, stärkt sich die Bindung zu den Unterstellten, verbessert sich die Qualität der Arbeit und – vor allem: entsteht Ruhe im System.

Gibt es kurzfristige Änderungen im Mindset, die Sie provozieren müssen?

Auch hier stimme ich dem Einsender zu: «Kurzfristig geht das kaum. Der Wechsel von klassischer Karriere zu bedachtsamem Aufsteigen durch Bewährung braucht viel Zeit und enorme Überzeugungsarbeit.»

Auch das ist Führung, und zwar Personalführung sowohl auf organisatorischer Ebene (Human Resource Management) als auch auf zwischenmenschlicher Ebene (Leadership). Beides sind Voraussetzungen, damit wir unsere Lücken im Command schliessen können.

Fazit

Für seine Einsichten hat Maj Philipp Scherrer sein Buch wohlverdient: Ich freue mich, ihm ein Exemplar von «Power to the Edge: Militärische Führung im Informationszeitalter» von David S. Albert und Richard E.Hayes zukommen zu lassen. Alle Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen, für das laufende und weitere Decision Games von den exorbitanten Gewinnwahrscheinlichkeiten zu profitieren. Viel Spass!

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Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #6

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der diskussionswürdigsten Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #6

Szenario

Die Schweiz befindet sich im Krieg. Gegnerische mechanisierte Verbände haben die Landesgrenze überschritten, ein Oberbefehlshaber der Armee wurde von der Bundesversammlung gewählt. Ein erster Angriff wurde vor wenigen Wochen gestoppt, dem Gegner ist es jedoch gelungen, einen Brückenkopf in ST. GALLEN, W begrenzt durch die SITTER, zu sichern. Der Militärische Nachrichtendienst geht davon aus, dass in den nächsten Tagen ein Ausbruch entlang der Hauptstrasse 7, parallel zur zerstörten A1, erfolgen wird.

Durch einen raschen und teilweise improvisierten Aufwuchs wurden die Armeebestände in den letzten Monaten mehr als verdoppelt. Dazu wurden Freiwillige, in erster Linie ehemalige Armeeangehörige, in Leichten Bataillonen zusammengefasst, von denen jeweils zwei die bestehenden Infanteriebataillone zu Regimentern verstärken. So auch das neu gebildete Gebirgsinfanterieregiment 29, das den oben beschriebenen Ausbruch mit seinen drei Bataillonen verhindern soll.

Darin hat das Gebirgsinfanteriebataillon 29 den Auftrag erhalten, den gegnerischen Stoss durch GOSSAU zu verhindern. Das Leichte Infanteriebataillon 72 verzögert den Übertritt über die SITTER im Raum ABTWIL – WINKELN, das Leichte Infanteriebataillon 86 verhindert die Umgehung über HERISAU.

Gegner

Als Gegner der ersten Staffel wird mit einem Mechanisierten Infanterieregiment gerechnet, das aus drei Infanteriebataillonen (jeweils 41 BMP-2) und einem Panzerbataillon (31 T-80U) besteht.

Eigene Mittel

Sie sind Kompaniekommandant der Gebirgsinfanteriekompanie 29/1. Zusätzlich zu Ihren drei Gefechtszügen mit jeweils vier Gruppen, die mit dem üblichen Gerät (1 Mg 12.7mm pro Zug, zusätzlich pro Gruppe 2 LMg 5.6mm, 2 Granatwerferaufsätze, 2 Zielfernrohre) und hinreichend Munition ausgerüstet sind, wurden Ihnen vor einigen Wochen zwei «leichte Züge» unterstellt. Diese bestehen jeweils aus rund 30 Freiwilligen, mehrheitlich ehemalige Armeeangehörige, Durchschnittsalter 40 Jahre, gestandene Bürgerinnen und Bürger mit variierender Fitness und variierender Militärerfahrung – vom Zivildienstler bis zum ehemaligen Kommandanten einer Füsilierkompanie. Sie sind mehrheitlich mit dem Sturmgewehr 90 bewaffnet, häufig aber auch mit dem Sturmgewehr 57 und vereinzelt mit Maschinengewehren und Maschinenpistolen aus Privatbesitz. Ferner ist Ihnen ein Spähertrupp zugewiesen, der in 1. Priorität über die Feuerkompetenz eines 8.1cm Mörserzugs verfügt. 12cm Bogenfeuer kann angefordert werden, ist jedoch nur auf Stufe Regiment verfügbar. Die bataillonseigene Drohnenwerkstatt stellt täglich rund 10 Drohnen her, die auf die Kompanien verteilt werden.

An Fahrzeugen sind 4 Geschützte Mannschaftstransportfahrzeuge GMTF, 4 Radschützenpanzer 8×8 Piranha II, 4 Lastwagen DURO und 1 Kommandoradschützenpanzer 6×6 (ohne FIS HE) verfügbar. Die weitere Mobilität wird durch Zivilfahrzeuge (Minibusse, Pickups, aber auch Bagger) sichergestellt, deren Requisition der Bataillonskommandant als Ortskommandant bereits angeordnet hat.

Auftrag

Auftrag Gebirgsinfanteriekompanie 29/1: Verhindert gegnerischen Stoss durch GOSSAU nördlich des DORFBACHS.

Aufträge der Nachbarkompanien:

Gebirgsinfanteriekompanie 29/2: Verhindert gegnerischen Stoss durch GOSSAU südlich des DORFBACHS, hält sich bereit Flanke aus Richtung HERISAU zu schützen.

Gebirgsinfanteriepanzerabwehrkompanie 29/3: Nutzt Gegner im Raum METTENDORF – MOOSWIES ab und kanalisiert ihn.

Fragestellung

  • Wie bereiten Sie die Ortschaft vor, wenn Sie 72h haben?
  • Wie positionieren Sie Ihre 5 Züge?
  • Welche Anträge stellen Sie betreffend Kanalisierung im Vorgelände (Kompanie 3) im Rahmen des taktischen Dialogs mit dem Bataillonskommandanten?

Als Lösung genügt eine Skizze mit Stichworten. Dazu sei an Brigadegeneral Gideon Avidor (IDF) erinnert: «During the Yom Kippur War, I served as a G3 officer at 252nd Divison Headquarters. In the course of twenty-three days of fighting, not a single written command was issued. All the battles, including crossing the Suez Canal, were conducted by means of graphic orders or orders issued over the radio».

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #6

Zum Decision Game vom Juni haben uns zwei Einsendungen erreicht. Die beiden Lösungen zeigen, dass sowohl eine akribische Beurteilung der Lage als auch eine pragmatische Analyse im Tischset-Format zu brauchbaren taktischen Entschlüssen führen.

Das vorliegende Szenario zeigt erneut, dass taktische Fragestellungen eine höhere Eintrittshürde mit sich bringen als ethische. Dies mag an der Vielfalt der Möglichkeiten liegen oder daran, dass es um unsere taktische Handlungssicherheit schlecht gestellt ist. Trotzdem haben uns zwei Einsendungen erreicht, die zeigen, dass durch eine gründliche Analyse und taktisches Denken klare Handlungsempfehlungen entwickelt werden können und dass hierzu das Format eines Tischsets ausreichend ist. Im Folgenden werden wir die verschiedenen Ansätze betrachten und ihre Stärken sowie Schwächen herausarbeiten.

Croquis von Mitterer/Walser

Gemeinsam ist beiden Einsendungen, dass sie den Gegner auf der Hauptstrasse 7 kanalisieren und dort vernichten wollen – mit entsprechenden Begehren an die Geb Inf Pzaw Kp 29/3 im Vorabschnitt. Die beiden Einsendungen schlagen dazu zwei naheliegende, aber unterschiedliche Aufstellungen der drei regulären Infanteriezüge vor, ich nenne sie hier «HINTEREINANDER» und «NEBENEINANDER».

In der ersten Variante sollen entlang der Hauptachse zwei Züge hintereinander aufgestellt werden, mit einem dritten Zug in der nördlichen Flanke, der sich für Gegenangriffe vor die jeweiligen Sperren bzw. Stützpunkte bereithält. Stärke dieser Variante ist die Freiheit des Handelns mit einem gut positionierten Zug für offensive Aktionen, Schwäche ist die Sicherheit, da auf eine seitliche Flankierung nördlich oder südlich der Hauptachse schlechter reagiert werden kann sowie die Problematik, dass bei einer Aufstellung hintereinander der Frontverband aus psychologischen Gründen wohl zu einer weniger hartnäckigen Kampfführung neigen dürfte – schliesslich weiss man ja die Sicherheit der Kameraden hinter sich. Dennoch kann diese Lösung durchaus als innovativer Ansatz gelesen werden.

Die alternative Variante ist die Anwendung des Einsatzverfahrens der Infanterie «Kampf in einer Sperrstellung im überbauten Gelände». Hier sind durch zwei Züge nebeneinander Stützpunkte auf zwei benachbarten Kreuzungen zu platzieren, mit einem dritten Zug rückgelagert, der sich wahlweise für eine Schwergewichtsverlagerung Richtung Süden oder Norden sowie für offensive Aktionen bereithält. In sich scheint mir dieser Ansatz, basierend auf der Geländeanalyse, passender, da der Gegner mehrere Parallelstrassen zur Hauptstrasse nutzen kann, die alleine durch passive Hindernisse nicht zu halten wären.

Zusätzlich zu den 3 regulären Zügen waren 2 Leichte Züge aus Freiwilligen verfügbar. Beide Einsendungen bilden daraus Züge in Abhängigkeit der Fähigkeiten der Freiwilligen. Die Fitteren werden in der einen Lösung den bestehenden Zügen zur Verstärkung zugeteilt, in der anderen Lösung für den Flankenschutz HOFEGG sowie Aufklärung und Abnützung im Vorgelände. Die weniger Fitten werden jeweils für logistische Zwecke und Eigenschutz eingesetzt.

Interessant ist zudem der Hinweis einer Einsendung, dass die Anhöhe SONNENBERG ausserhalb des eigenen Raums dem Gegner Feuerpodeste für Panzer bietet, was einen Antrag zur Raumerweiterung zur Folge hätte. Damit müsste sogar die Regimentsabschnittsgrenze erweitert werden, was aber mit Blick auf das taktisch zusammenhängende Gelände tatsächlich angebracht ist.

Darüber hinaus wäre viel Gutes in beiden Varianten anzumerken und nur wenige Lücken. Auffällig ist etwa, dass beide darauf verzichten, die Brücken über den DORFBACH zu zerstören oder zumindest mit Hindernissen zu blockieren. Der Bataillonskommandant dürfte dabei allerdings mitschuldig sein, hat er doch die Kompanieabschnittsgrenze dem DORFBACH entlang gelegt, so dass sich keiner für die Übergänge verantwortlich fühlt. Dies müsste zwingend in der Bewegungs- und Hindernisführung auf Stufe Bataillon bereinigt werden.

Die Gesamtbeurteilung hängt nun von den Kriterien ab. Um das Engagement der wenigen taktisch Aktiven zu würdigen, entscheiden wir uns dieses Mal – und als Anreiz: wer weiss, vielleicht auch in Zukunft – zweierlei zu prämieren. Hptm Raphael Iselin gewinnt für den taktisch stärkeren und stringent begründeten Entschluss. Hptm Lukas Walser und Oblt Anna Mitterer haben mit Ihrer gemeinsamen Einsendung überzeugt, indem sie ihre prägnante und grafisch konzise Entschlussfassung auf dem Format «Tischset» konzentrierten. Damit soll unterstrichen werden, dass im Gefecht Einfachheit in Entschluss und Befehl ebenso relevant ist wie die taktische Güte. Wir gratulieren allen drei zum Gewinn des Tactical Decision Game #6 und wünschen ihnen viel Spass bei der Lektüre «Hammerstein oder der Eigensinn» von Hans Magnus Enzensberger. Unser Dank gilt auch all jenen Teilnehmern, die diese bei anderer Gelegenheit mit ihren Kameradinnen und Kameraden diskutiert haben.

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Leader's Digest Leader's Digest #5 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #5

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der diskussionswürdigsten Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #5

Szenario

Während einer aussenpolitisch angespannten Lage zwischen zwei Staaten lancieren unabhängige Terroristen eine umfangreiche False-Flag-Cyber-Operation: Politisch motiviert manipulieren sie Wahldaten, fluten soziale Medien mit Bots und führen GPS-Spoofing-Attacken durch.

Die Terroristen handeln so, um die Sensoren und Frühwarnsysteme beider Staaten zu stören. In beiden Staaten werden auf diese Weise Warnmeldungen ausgelöst, die nicht richtig zugeordnet und fälschlicherweise dem jeweils anderen Staat zugeschrieben werden. Es gibt keine zuverlässigen Belege, welche die zwischenstaatlichen Anschuldigungen widerlegen und eine Deeskalation bewirken könnten. Beide Staaten weisen jegliche Verantwortung von sich und sehen die jeweils andere Seite in der Verantwortung.

Die Vorgänge werden beiderseits als Auftakt präemptiver militärischer Massnahmen bewertet, weshalb beide Seiten Cyberattacken auf konventionelle C3-Netzwerke (Command, Control & Communications) durchführen. Die militärstrategischen Planungsvorgänge nutzen KI-basierte Expertensysteme zur Unterstützung. Diese Expertensystem schlagen dann aufgrund der Datenlage und mittels Vergleiche mit früheren bewaffneten Konflikten in anderen Ländern eine Reihe konventioneller militärischer Vorgehensweisen vor, um als konventionelle Erstschläge Abwehreinrichtungen, Kommunikations- und Rechenzentren im jeweils anderen Land anzugreifen. Um die eigene Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen, werden eine Reihe von Abwehrmassnahmen und konventionellen Vergeltungsschlägen gegen kritische Infrastrukturen der Gegner einem KI-Algorithmus übertragen, der diese Massnahmen bei gegnerischem Angriff koordiniert und autonom umsetzt.

Sie sind Kompaniekommandant. Gemeinsam mit Ihren Truppen sind Sie an der Grenze stationiert und haben den Auftrag, eine kritische Infrastruktur im grenznahen Ausland zu beobachten, und Belege für verdächtige Vorgänge zu sammeln. Aufgrund Ihrer etwas erhöhten Position haben Sie und Ihre Truppen Einsicht auf die Kritische Infrastruktur ohne die Grenze überschreiten zu müssen.

Es häufen sich die Hinweise auf eine bevorstehende Sabotageaktion von unbekannten Akteuren. Zudem häufen sich die Gerüchte in den sozialen Kanälen, welche in der Truppe weit verbreitet sind, dass der Konflikt ursprünglich von unabhängigen Terroristen angezettelt wurde und diese die Eskalation nun weiter vorantreiben wollen. Unter den Offizieren im ganzen Bataillon macht sich die Vermutung breit, dass solche unabhängigen Terroristen die Kritische Infrastruktur sabotieren wollen, um die Eskalation hin zum Krieg zu bewirken.

Mitten in der Nacht werden Sie als Kompaniekommandant von dem nun sichtlich aufgeregten Leutnant Hauser, Zugführer BIVIO, informiert, dass eine Sabotageaktion auf die beobachtete Kritische Infrastruktur im Nachbarstaat vorbereitet wird. Leutnant Hauser informiert, dass er mit seinem Zug bereit ist und schlägt vor, mit seinem Zug jetzt einzugreifen und somit den Sabotageversuch zu verhindern zu versuchen.

Seit einigen Stunden ist der Kontakt zur vorgesetzten Stufe abgebrochen. Dies ist in den vergangenen Monaten regelmässig passiert und sehr wahrscheinlich auf gegnerische Operationen zurückzuführen, die bis anhin allerdings ebenso wenig nachgewiesen werden konnten. Jedenfalls scheinen Sie keine Möglichkeit zu haben, die Ansicht Ihres vorgesetzten Kommandanten oder gar eine rechtliche Einschätzung des Grossen Verbandes zu erhalten

Fragestellung

  • Welche Gründe sprechen für und welche gegen ein Eingreifen von Ihnen als Kompaniekommandant?
  • Schätzen Sie, dass Ihr Eingreifen als regulärer Kriegseintritt gewertet werden könnte?
  • Wann wurde bzw. wird Ihrer Einschätzung nach die Schwelle hin zum regulären Krieg überschritten?
  • Wie handeln Sie im Anbetracht dieser Überlegungen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #5

Zum Ethical Decision Game vom Mai haben uns wiederum erfreuliche sechs Einsendungen erreicht, welche auf das Dilemma mit verschiedenen Herangehensweisen reagieren.

Kern des ethischen Dilemmas ist die Frage, ob von einem Auftrag und erhaltenen Auflagen abgewichen darf, um mutmasslich Schlimmeres zu verhindern. Verschärft wird die Situation einerseits durch die beschriebenen Automatismen aufgrund der Verwendung von Künstlicher Intelligenz und andererseits durch eine regelrechte Verschachtelung von Ungewissheiten: greifen die Terroristen die Kritische Infrastruktur im Nachbarland an, um zum Krieg zu eskalieren? Ist es das Nachbarland selbst, das mit einer False Flag Operation einen Vorwand zur Eskalation schaffen will? Handelt es sich um eine Falle, um uns zur Intervention zu verleiten, die wiederum als Vorwand zur Eskalation genutzt werden kann – oder verhindern wir durch unser Eingreifen gerade die Eskalation?

Der betroffene Kompaniekommandant muss aufgrund der unterbrochenen Verbindung zur vorgesetzten Stufe (ist das ein Hinweis für oder gegen eine False Flag-Operation?) auf Basis unvollständiger Informationen entscheiden. Die Ethik lehrt, dass er nicht nur für seine Handlungen, sondern auch für seine Unterlassungen verantwortlich ist. Aus dieser Perspektive ist das Argument «ich habe keinen Auftrag zur Intervention erhalten» nicht hinreichend. Dass solche Situationen keineswegs nur fiktiv sind, zeigt die Geschichte des sowjetischen Oberstleutnants Stanislaw Petrow, der 1983 möglicherweise einen Nuklearkrieg verhinderte.

Die Einsendungen listen gewissenhaft die Gründe für und gegen die Intervention auf: Eine solche könnte zum Spannungsabbau beitragen, als guter Wille gedeutet werden, vertrauensbildend wirken und gar – je nach Art der Infrastruktur – Schaden von der Zivilbevölkerung abwehren und schliesslich einen Krieg verhindern. Andererseits ist die kinetische Grenzüberschreitung als Verstoss gegen die territoriale Integrität des Nachbarstaates eine Provokation an sich, die eigene Truppe wird gefährdet, die eigenen Mittel sind womöglich nicht ausreichend, es besteht eine Irrtumswahrscheinlichkeit und, wie bereits erwähnt, ist die Intervention nicht Teil des Auftrags.

Entsprechend divers sind die Vorschläge: Ein Leser will sich nicht festlegen, einer greift ein, zwei greifen nicht ein, ein weiterer greift nicht ein, will aber einen Grenzposten im Nachbarland informieren. Was wollen wir daraus als Führungskräfte lernen – abwarten und auf die richtige Intuition hoffen?

Mehrere haben den Hinweis integriert, dass mittels Wargaming und Eventualplanungen vergleichbare Situationen durchaus antizipiert werden könnten und man solche Entwicklungen mit der vorgesetzten Stufe hätte besprechen müssen. Das ist sicher eine wichtige Lektion zum Mitnehmen, doch ein Konjunktiv reicht noch nicht für den ersten Platz.

Deshalb geht dieser an den Leser, der in kreativer Weise eingreift, indem er mit Beleuchtungsgranaten – «am besten Infrarot» – auf die drohende Sabotage aufmerksam macht. Für diesen Vorschlag mit der schlüssigen Begründung «Wenn meine Kompanie in solcher Grenznähe, nahe einer gegnerischen Kritischen Infrastruktur zur Überwachung eingesetzt wird, wird das auch der Gegner bereits wissen und beobachten, was wir tun.» gebührt Hptm Thierry Widmer der Sieg. Der Preis, das Buch «The AI Commander» von James Johnson, wird ihm persönlich überreicht.

Weiterführende Links

Falls Sie sich noch mit mehr Decision Games beschäftigen wollen, so finden Sie unter folgendem Link eine ausgiebige Sammlung von Tactical Decison Games: https://www.mca-marines.org/wp-content/uploads/Mastering-Tactics.pdf.

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Leader's Digest Leader's Digest #4 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #4

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das von Maj Philipp Scherrer erstellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #4

Szenario

Gegner

In der Schweiz ist es zu Kampfhandlungen im Verteidigungsraum gekommen. Im rückwärtigen Raum stören und binden irreguläre Kräfte unsere Verbände mit schweizweit täglich weit über 50 Anschlägen.

Die irregulären Kräfte sind auf Tageslicht angewiesen und wählen bewusst die «Hit and Run»-Taktik: Dabei werden unsere Kräfte auf grösstmögliche Distanz beschossen und der Gegner zieht sich zurück, bevor auf den Beschuss reagiert werden kann.

Das Hauptziel des Gegners ist dabei nebst dem Zufügen von Verlusten von Menschen und Material insbesondere das Untergraben der Moral der Truppen und somit die Aushöhlung deren Wehrwillens.

Als favorisierte Ziele solcher Anschläge gelten ungepanzerte Fahrzeuge und einzelne stehende Angehörige der Armee.

Zusätzlich zu den Anschlägen auf eigene Truppen wird auch zivile Infrastruktur vermehrt durch gegnerische weitreichende Artillerie beschossen.

Eigene Mittel

Sie sind seit einigen Monaten Gruppenführer und konnten in der Zeit ein starkes Team formen. Der Umgang ist kameradschaftlich und professionell zugleich. Es haben sich gradunabhängig echte Freundschaften entwickelt; etwa zwischen Ihnen und Fabio, einem Ihrer Soldaten.

Ihre Gruppe verfügt über einen gepanzerten Personentransporter (GMTF). Nebst der Besatzung des Gefechtsfahrzeugs und fünf Sturmgewehr (Stgw)-Schützen verfügen Sie über einen Stgw-Zielfernrohr (ZF)-Schützen und einen Leichten Maschinengewehr (LMg)-Schützen.

Auftrag

Sie haben den Auftrag, das Abladen von Verpflegung und Sanitätsmaterial am Bahnhof WALENSTADT zu sichern. Mit diesem Material soll die notleidende Bevölkerung der umliegenden Dörfer versorgt werden.

Zur Sicherung haben Sie den ZF-Schützen zusammen mit dem LMg-Schützen im Dachstock des Restaurants Churfirsten Stellung beziehen lassen. Die Verbindung steht. Das Binom hat mit den Restlichtverstärkern gut Einblick über das taktisch zusammenhängende Gelände. Insbesondere der Zu- und Austritt nach Osten (die von Ihnen als am gefährlichsten beurteilte Geländekammer), kann gut eingesehen werden. Sie sitzen mit Fabio gemeinsam im GMTF. Alle weiteren AdA stehen gut geschützt in Rufweite und sichern die näheren Zu- und Austritte.

Umwelt

Das Abladen der dringend benötigten Güter hätte bis 1h vor Beginn der Dämmerung abgeschlossen sein sollen (0545). Doch die Einfahrt des Zuges verzögerte sich aufgrund von Artilleriebeschuss.

Es ist jetzt 0715 und hell. Mehrere Passanten flehten Sie schon zu Beginn an, das Abladen nicht abbrechen zu lassen, so wie es in den letzten Wochen vermehrt geschah. Ihr Kommandant gab Ihnen freie Hand, selber und situativ über die Durchführung des Auftrags zu entscheiden.

Unmittelbare Situation

Sie haben sich bereits an diese seltsame Mischung aus Anspannung und Routine, Aufmerksamkeit und Müdigkeit – es ist das Ende einer Nachtschicht – gewöhnt. Wahrscheinlich deshalb sprechen Sie nur Weniges und Belangloses. Fabio meint, dass er das GMTF jetzt unbedingt für ein kurzes persönliches Bedürfnis verlassen müsse. Sie denken sich nichts dabei, schliesslich ist das Abladen bis jetzt ruhig verlaufen. Wenige Meter vor dem Busch bricht ein Schuss und Fabio fällt aufschreiend zu Boden. Der Bereich seiner Schulter färbt sich sofort rot. Er liegt ca. 17m vor Ihnen. Fabio kann sich kriechend noch etwas in Ihre Richtung bewegen, bleibt aber dann kraftlos liegen. Ihre Blicke treffen sich…

Der Beschuss kam eindeutig von Osten. Ihr ZF-Schütze meldet über Funk, dass kein Ziel erkennbar sei.

Fragestellung

  • Welche Möglichkeiten sehen sie, diese Situation zu bewältigen?
  • Wie helfen Sie Fabio am schnellsten und am sichersten?
  • Rückblickend (im Sinne einer AAR): Was sind die für Sie wesentlichsten Parameter, die Ihre Beurteilung der Lage hätten beeinflussen müssen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #4

Zum Decision Game vom April haben uns vier Einsendungen erreicht, was uns besonders freut, nachdem das erste Tactical Game nur eine Antwort erhielt. Es ging entsprechend schwergewichtig um Command:

Führungssituationen können danach kategorisiert werden, ob sie einfach, kompliziert, komplex oder chaotisch sind. Beim vorliegenden Szenario handelt es sich wohl eindeutig um letzteres. Ist der Schütze fort? Sind es mehrere? Lebt Fabio noch? Die Zeit für detaillierte Analysen oder gar eine Aktionsplanung fehlt, Handeln ist entscheidend. Ein naheliegender erster Schritt ist das Wiedererlangen der Feuerüberlegenheit, sei es mittels Zielfernrohr oder mittels 12.7mm Maschinengewehr. Der Schutz für das weitere Handeln ist entscheidend, etwa durch eine Anpassung des Dispositivs (Ausrichtung auf vermutete Beschussrichtung) in Feuer und Beobachtung – ein Wärmebildgerät kann auch ausserhalb der Dunkelheit hilfreich sein. Der Einsatz von Nebel, wie auf dem GMTF verfügbar, und die Verschiebung desselben als Deckung sind weitere Schritte.

Erst jetzt ist an Kameradenhilfe zu denken, wobei der Verwundete situativ zu bergen oder auch nur zu stabilisieren ist. Parallel dazu erfolgt die Meldung an die vorgesetzte Stufe – in einem funktionierenden Verband sollte das ohne Zutun des Chefs erfolgen. Einzelne meinten, der eigentliche Auftrag – das Abladen – sollte weiterhin erfüllt werden, da der Gegner ja typischerweise mittels Hit-and-run agiere und nun keine Störung mehr zu erwarten sei. Das scheint mir angesichts des geänderten Fokus des Gruppenführers doch fraglich, kann aber wohl nur vor Ort eingeschätzt werden.

Auch zur After-Action-Review (AAR; weshalb konnte das passieren?) wurden zahlreiche Aussagen gemacht. Im Command-Bereich ist es wenig konsequent, einen Auftrag, der bewusst im Schutze der Dunkelheit durchgeführt wird, bei Tageslicht fortzusetzen. Gegen die negativen Folgen von Routine anzukämpfen, ist zudem eine Aufgabe der Leadership. Schaffe ich es, eine professionelle Kultur zu entwickeln und zu erhalten, die auch unter Belastung und Ermüdung nicht ins Bequeme und Unvorsichtige abdriftet? Das ist eine anspruchsvolle und permanente Führungsaufgabe. Im Management schliesslich stellen sich rückblickend organisatorische Fragen: hätte der verspätete Verlad verhindert werden können? Funktionieren die Alarmierung und Auslösung der Reserve? Sind die Rettungsprozesse bekannt? Einiges ist nicht nur Taktik und Kultur, sondern schlicht und einfach Organisation. Letztlich geht es dann in der AAR nicht nur darum, die Fehler zu erkennen, sondern Konsequenzen für die Zukunft abzuleiten – von Command (Gefechtstechnische Standards) über Leadership (Professionelle Kultur) bis hin zum Management (Einsatzplanung).

Von den Einsendungen hat Hptm Flurin Jossen alle diese Punkte am prägnantesten zusammengestellt. Wir gratulieren ihm zum Gewinn des Tactical Decision Games #4, wünschen viel Spass bei der Lektüre von «Concrete Hell» von Louis A. DiMarco und bedanken uns bei all jenen, die sich die Mühe genommen haben eine Lösung einzureichen oder sie bei anderer Gelegenheit, mit Kameradinnen und Freunden, diskutiert hatten.

Weiterführende Links

Falls Sie sich noch mit mehr Decision Games beschäftigen wollen, so finden Sie unter folgendem Link eine ausgiebige Sammlung von Tactical Decison Games: https://www.mca-marines.org/wp-content/uploads/Mastering-Tactics.pdf.