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Leader's Digest Leader's Digest #10 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #10

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Diskussion der würdigsten Handlungsempfehlungen durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #10

Szenario

Es herrscht Krieg in Europa. Die Schweiz bereitete sich seit Wochen auf eine drohende Invasion vor und blieb vorerst unbeteiligt, doch vor wenigen Tagen wurde der gegnerische Stoss auf BASEL Realität. Grenznahe Stützpunkte nördlich unseres Bataillons konnten dem Gegner bereits grosse Verluste zuführen. Nun gilt es den weiteren Vorstoss des Gegners zu verhindern.

Gegner

Nach dem abgeschlagenen Angriff im Norden reorganisiert der Gegner und wird in wenigen Tagen einen neuen Stoss mit frischen Kräften versuchen. Wir erwarten für unseren Raum als Spitzenelement ein mechanisiertes Bataillon ROT (3x Mechanisierte Kampfgruppe)

1 Mechanisierte Kampfgruppe ROT

  • 1 Zug Radschützenpanzer + 1 Räumungsmittel
  • 1 Zug Panzergrenadiere + 1 Räumungsmitte
  • 1 Kommando Zug + 2 Schützenpanzer
  • 1 Zug Kampfpanzer + 1 Räumungsmittel
  • 1 Zug Aufklärer

Eigene Mittel

Die Kampfmoral ist gut und die Truppe ist zuversichtlich aufgrund der Erfolge im Norden. Nun wurde das Gebirgsinfanteriebataillon 91 herangezogen, um ein Schwergewicht im Raum BASEL zu bilden. Es bleiben wenige Tage, um die Kampfvorbereitungen durchzuführen und das Verteidigungsdispositiv einzuexerzieren.

Die Gebirgsinfanteriekompanie 91/2 ist dazu verstärkt mit einem 8.1cm Minenwerfer- und einem Späherzug.

Die Nachbarverbände, Kompanie 1 und 3, haben den Auftrag, den Gegner Richtung Kreuzung 9123 zu kanalisieren und eine Flankierung durch ihren jeweiligen Raum zu verhindern.

Auftrag

Geb Inf Kp 91/2 (+) verhindert Stoss durch seinen Raum.

Umwelt

Die Bevölkerung im Zentrum der Stadt BASEL ist grösstenteils evakuiert. Verwenden Sie gegebenenfalls www.map.geo.admin.ch, um sich ein genaueres Bild zu machen; bei der zentralen Kreuzung handelt es sich um den BURGFELDERPLATZ.

Zeitverhältnisse

Die meisten Kreuzungen sind durch eine begehbare Kanalisation verbunden. Die Verschiebungszeit über 500m beträgt ca. 10 Min.

Fragestellung

  • Wie haben Sie ihre Züge positioniert?
  • Welchen Auftrag haben Sie Ihren Zügen erteilt?
  • Wie gewährleisten Sie die Widerstandsfähigkeit Ihrer Truppen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #10

Zum Decision Game vom Oktober haben uns vier Einsendungen erreicht – ein grossartiger Rücklauf auf ein taktisches Problem, mit erfreulichem Resultat: vier verständliche Lösungen mit echten Varianten.

Gemeinsam sind allen Lösungen verschiedene Überlegungen zur Rücklagerung des Minenwerferzugs, zur Ausnutzung der Kanalisation, zum Einexerzieren von Gegenstössen, zum Anlegen von Munitionsdepots etc. Auch wenn diese Aspekte wichtige günstige Voraussetzungen schaffen, werden sie hier nicht weiter diskutiert. Es gilt schlicht, die alten Standards der Armee 95 oder die wiedergewonnenen Erkenntnisse der letzten zwei Jahre umzusetzen. Ich lege deshalb den Fokus in der Beurteilung auf die Verteilung der drei Infanteriezüge.

Zum besseren Vergleich der Unterschiede sei deren räumliche Anordnung von Norden nach Süden und die jeweilige Kampfidee formuliert.

Die erste Lösung «ALFA» (in der Reihenfolge der Einreichung) weist ein 1 – 2-Schema auf: Ein Zug nutzt im Vorgelände bis zur Kreuzung 9123 ab und zieht sich anschliessend als Kompaniereserve zurück; südlich der Kreuzung nützen zwei Züge nebeneinander den Gegner ab und stoppen ihn erst relativ tief im eigenen Raum, auf Höhe BRAUSEBAD–SPALENTOR.

Die zweite Lösung «BRAVO» sieht 1 – 1 – 1 vor, wobei die drei Züge hintereinander im jeweils zugewiesenen Raum den Jagdkampf führen.

Die dritte Lösung «CHARLIE» plant 2 – 1 mit zwei Zügen, die zwei Stützpunktelemente nebeneinander in Front bilden und einem dritten Zug, der als Kompaniereserve für bewegliche Kampfführung zurückgelagert ist.

Die vierte Lösung «DELTA» ist ein 1 – 1 – 1 nebeneinander, mit dem zentralen Zug, der die Kreuzung 9123 sperrt und jeweils einem Zug in der Flanke (davon der rechte mit Raumverantwortung für die Abnützung im Vorgelände).

Von den vier Varianten spreche ich mich persönlich für ALFA aus. Ich teile die Ansicht, dass in der Tiefe des eigenen Raumes die Voraussetzungen besser sind als im Raum der Kreuzung 9123. Würde ich dort meinen zentralen Stützpunkt vorsehen, wäre dem Gegner ein konzentrisches Angreifen relativ einfach gemacht: So gesehen ist der Flankenschutz der Lösung DELTA nachvollziehbar und mir gefällt insbesondere, dass dem Gegner drei Züge nebeneinander präsentiert werden. Damit ist er gezwungen, sich entweder zu verteilen oder Abschnitte zu vernachlässigen, aus denen heraus ich Gegenangriffe führen kann. Allerdings scheint mir so weit vorne das Risiko zu gross. Denn dort ist dem Gegner die Möglichkeit des Auflockerns und Zusammenwirkens entlang von mindestens zwei und bis zu vier Achsen auf die Hauptkreuzung möglich. Ein ähnliches Problem weist meiner Meinung nach die Lösung CHARLIE auf. Das Nebeneinander von zwei Stützpunkten scheint mir sehr zielführend – allerdings auch hier zu weit vorne. BRAVO ist sicher innovativ, indem es anstelle der von der Infanteriedoktrin vorgesehenen Stützpunktlösung auf Jagdkampf mit Raumverantwortung für drei Züge setzt. Nebeneinander würde ich dem noch eine gewisse Chance geben, aber bei einer Anordnung hintereinander erlaube ich es dem Gegner, seine Kraft jeweils auf einen Zug zu konzentrieren – ich mache meine eigene Kompanie zur Salami. Dem gegenüber nutzt ALFA einerseits die Tiefe des eigenen Raumes. Die Auffächerung der Strassen von der Kreuzung 9123 nach Süden ausgehend führt automatisch zu einer Auffächerung der Kräfte des Gegners – oder, falls er sich konzentriert, zu Bewegungsräumen für meine Gegenstösse und sogar Gegenangriffe. In beiden Fällen kann ich Vorteile daraus ziehen, entweder für eine stärker statische oder eine stärker dynamische Kampfführung. Allerdings würde ich dies noch konsequenter tun und alle drei Züge nebeneinander aufstellen, etwa auf der Linie ALLSCHWILERPLATZ–PUNKT 276 (oder BRAUSEBAD)–SPALENTOR. Das eigene Vorgelände kann getrost dem Späherzug überlassen werden, der mit seinen sechs Gruppen in einer ersten Phase das Schwergewicht des Gegners erkennt und in einer zweiten Phase, sobald der Gegner auf der Stützpunktlinie aufgelaufen ist, den Gegner abnützt und das Minenwerferfeuer auf den aufgelaufenen und damit zum Absitzen gezwungenen Gegner leitet.

Die Lösung ALFA scheint mir diesen Gesichtspunkten zu grossen Teilen Rechnung zu tragen. Zudem kann durchaus argumentiert werden, dass der Gegner sein Vorgehen wohl auf die Hauptachsen Richtung BRAUSEBAD respektive SPALENTOR beschränkt, womit der Raum ALLSCHWILERPLATZ dem dritten Zug als Bereitstellung für Gegenangriffe dienen kann, was dann vollends der Lösung ALFA entspricht. In jedem Fall hat der Autor, Hptm Robin Wehrle, seinen Preis redlich verdient: wir gratulieren zum Sieg und einem Exemplar von «How to Think Like an Officer» von Reed Robert Bonadonna.

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Buch des Monats: «How to Think Like an Officer: Lessons in Learning and Leadership for Soldiers and Other Citizens» von Reed Bonadonna

Was ist die Kernaussage des Buches?

There is one right even more important than the right to send men to their deaths; the right to think twice before you send men to their deaths.

Vasily Grossman

Dem Leser wird unmissverständlich vor Augen geführt was ein Offizier mit seinem Handeln verantwortet und welche Fähigkeiten dazu nötig sind. Die Verantwortlichkeit aller Führungsstufen ist entscheidend im Kampf – wir führen Menschen.

Was gefällt Ihnen an diesem Buch am besten?

Das Buch ist in zwei Hauptkapitel unterteilt. Das Denken und Führen eines Offiziers steht im ersten Hauptkapitel im Zentrum. Das zweite Hauptkapitel beschreibt den Offizier als Organisator, Krieger oder Visionär. Ob junger Leutnant oder erfahrener Höherer Stabsoffizier, das Buch ist inspirierend und bereichernd.

Gibt es Punkte, in welchen Sie die Argumentation des Buches nicht unterstützen, oder Bereiche, die Ihrer Meinung nach zu kurz kommen?

Nein, das Buch ist für mich wirklich in sich geschlossen.

An wen richtet sich Ihre Empfehlung?

Aus meiner Sicht sollte dieses Buch eine Pflichtlektüre für jeden Offizier sein.

Wie hat Ihnen dieses Buch im militärischen Führungsalltag geholfen?

Mit meinen Entscheiden als Kommandant einer Mechanisierten Brigade setze ich Menschen in Übungen (und Einsätzen) stets grossen Risiken aus. Mein Denken und meine persönliche Reflexion muss ich mit Offizieren spiegeln, denen ich vertraue und die mir die «Wahrheit» fundiert erklären – auch wenn ich das nicht immer hören will: Denken im Team, entscheiden als Kommandant.

Welchem Teilaspekt des Command-Leadership-Management-Modells ordnen Sie dieses Buch zu?

Das Buch zeigt unmissverständlich auf, wie Command und Leadership, aber auch Management zusammenwirken: «To think well, an officer has to love what she does» (S. 185).

Wo sehen Sie zukünftig die grössten Herausforderungen für die Führung in der Schweizer Armee?

Aus meiner Sicht muss das Bewusstsein zur Befähigung von Command und Leadership im Zentrum der Ausbildung unserer Offiziere stehen.

Und wo sehen Sie diesbezüglich die grössten Chancen?

Im Erleben und Vorleben von Command und Leadership auf allen Führungsstufen unserer Armee.


Über den Rezensenten

Brigadier Christoph Roduner kommandiert seit 2023 die Mechanisierte Brigade 11. Zuvor war er während 22 Jahren als Berufsoffizier in verschiedenen Funktionen tätig, unter anderem als Kommandant der Infanterieoffiziersschule in Colombier und Liestal. Er ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter. In seiner Freizeit hält er Körper und Geist mit Sport und Büchern fit.

Über das «Buch des Monats»

Das «Buch des Monats» ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.