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Leader's Digest Leader's Digest #9 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #9

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Dr. phil. Florian Demont, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich mit einem Schwerpunkt in Militärethik.

Decision Game aus Leader’s Digest #9

Szenario

Glauben und Wissen

Der Oberleutnant Güldenstern sass kurz vor Mittag geduckt auf dem staubigen Boden des Hinterhofs, eingeschlossen von der Fassade eines stillgelegten Cafés und der schlichten Mauer einer Bäckerei. Seit drei Monaten, seit die Kampfhandlungen das Dorf erreicht haben, lag das Viertel im Stillstand, gehüllt in die Schatten einer Vergangenheit, die der ausländische Besitzer des Cafés mit sich in seine Heimat genommen hatte. Der Oberleutnant, die Beine eng an sich gezogen, die Ellbogen schwer auf seinen Knien, verbarg sein Gesicht in den Händen. Sein Haar, obwohl noch halbwegs gekämmt, zeigte Spuren der Verwahrlosung – ein stilles Zeugnis der verlorenen Normalität.

In seiner Versunkenheit bemerkte er nicht, wie sich die junge Frau, eine Angestellte der Bäckerei, leise in den Hof schlich, eine Zigarette zwischen den Lippen. Das plötzliche Knacken eines Zippo-Feuerzeugs durchschnitt die Stille. Überrascht hob er den Kopf, sein Blick fiel auf die Frau, die mit einer unbeschwerten Geste ihm eine Zigarette anbot. «Willst du mit mir eins rauchen?», fragte sie, ihre Stimme ein sanfter Kontrast zu dem Gewicht seiner Gedanken. Müde, erschöpft winkte er ab, doch ihre nächste Frage, ob es ihn störe, wenn sie sich zu ihm setze, bejahte er mit einem müden Nicken.

Während sie sich neben ihn niederliess, entbrannte ein Gespräch über die Kriegslage, ihre Worte flossen mit einer Mischung aus Hoffnung und Resignation. «Nach fünf Tagen ohne Kämpfe, Bomben und Minenfeuer – vielleicht ist das Schlimmste vorbei. Ich glaube, dass das Schlimmste vorbei ist” sinnierte sie, während sie tief an ihrer Zigarette zog. «Ich überlege, ins Landesinnere zu fliehen, wie so viele andere. Doch mein Chef will die Bäckerei weiter betreiben. Ihr habt die letzten Angriffe abgewehrt, das gibt mir Hoffnung.»

Der Oberleutnant, seine Augen weit geöffnet in der Dunkelheit des Hofs, schüttelte langsam den Kopf. «Ich weiss es nicht», gestand er, seine Stimme rauh vor Sorge. «Ich befürchte, dass der nächste Schlag bevorsteht. Unsere Kampfkraft ist auf dreissig Prozent gesunken. Wir haben zu viele verloren… zu viele gefallen… und die Munition ist fast aufgebraucht.»

Die junge Frau zog nachdenklich an ihrer Zigarette, strich sich das Haar aus dem Gesicht und liess dann beiläufig fallen, dass Frau Leuzinger, die Kindergärtnerin, gestern nach fünf Tagen an ihren Verletzungen erlegen ist. «Sie wollte Material aus dem Kindergarten holen, als der Angriff kam. Eine Mörsergranate…» Ihre Stimme brach. «Es ist schlimm, was wir erleben.»

«Frau Leuzinger?», wiederholte der Oberleutnant leise. Als sie nickte, liess er den Kopf sinken. «Ja, es ist schlimm. Manchmal frage ich mich, ob das alles noch einen Sinn hat.»

Sie sah ihn direkt an, ihre Augen fest entschlossen. «Ihr habt bis jetzt tapfer gekämpft. Wir müssen an uns glauben.»

Er starrte ins Leere. «Je grösser der Glaube, desto geringer das Wissen», murmelte er schliesslich. «Und ich weiss wirklich nicht, ob wir den Feind noch aufhalten können.»

In diesem Hinterhof, umgeben von den Geistern eines ruhenden Cafés und der Düsternis des Krieges, schwelte nicht nur die Glut ihrer Zigaretten, sondern auch die letzte Glut der Hoffnung – düster und ungewiss.

Mensch sein

Oberleutnant Güldenstern sass in seinem düsteren Zimmer im Gasthof zum Weissen Kreuz, umgeben von verstreuten Papieren und dem zerbrochenen iPad, das ihm als letztes Bindeglied zur Aussenwelt diente. Das Display, durchzogen von Rissen, spiegelte die zersplitterte Realität seines Kommandos wider. Die Nachrichten, die er mühselig entzifferte, waren vom Chef Operationen des Bataillons, Major Kramer, der keine Milde in seiner Stimme kannte, als er Güldenstern in einem kürzlichen scharfen Telefonat zurechtwies.

«Güldenstern, hinterfrag jetzt nicht deinen Auftrag. Du hast einen Befehl und der Befehl ist, deine Kompanie sperrt die Achse. Und das bis zum letzten Mann. Verdammt nochmal! Keinen Schritt zurück!», hatte Kramer forsch befohlen, als wäre die Entschlossenheit seiner Worte allein genug, um die Wirklichkeit zu biegen. «Sei etwas kreativ, verdammt nochmal!» Dieser Befehl hallte nun in Güldensterns Gedanken wider, während er aus dem Fenster auf die verlassenen Strassen blickte.

Draussen ging das Leben weiter, auch wenn es für manche ein Leben auf der Flucht war. Ein Vater packte seinen Skoda mit Koffern, während ein kleines Mädchen einen grossen Teddybär herbeitrug, ein stummer Zeuge der Zerrissenheit, die diesen Ort beherrschte. Die Mutter, das Gesicht vom Weinen gezeichnet, trug ein weiteres Kind. Güldenstern beobachtete sie, wie sie schliesslich davonzogen, Richtung einer vermeintlich sichereren Umgebung im Landesinnern.

Zurück in der Einsamkeit seines Zimmers begann Güldenstern, den Sinn seiner Mission zu hinterfragen. Die Forderungen von Major Kramer, die Achse um jeden Preis zu halten, klangen in seinen Ohren nach, während er die letzte Korrespondenz nochmals durchging. Die Aussichten waren düster; der Feind schien sich zu verstärken, und die eigenen Ressourcen schwanden zusehends. «Alles andere ist mir scheissegal», hatte Kramer gesagt. Aber für Güldenstern war es das nicht. Die Opfer, die Kämpfe, die kleinen und grossen Tragödien – sie waren nicht egal.

In einem Moment der Stille, unterbrochen nur durch das Knistern des alten Holzbodens unter seinen Füssen, spürte Güldenstern die Last der Verantwortung. Er wusste, dass jeder Befehl, den er gab, das Potenzial hatte, Leben zu kosten oder zu retten. Die Zweifel, die langsam in ihm aufkeimten, waren subtil, doch in der Stille seines Zimmers wurden sie lauter. Wie lange noch konnte er einen sinnvollen Kampf führen, wenn die Bedingungen so hoffnungslos waren? Wann war der Punkt erreicht, an dem die Verteidigung nicht mehr nur eine militärische Aufgabe, sondern eine Frage der Menschlichkeit wurde?

Er griff nach dem Telefon, entschlossen, noch einmal mit Kramer zu sprechen, obwohl er wusste, dass es wenig ändern würde. Doch in diesem Moment zögerte er. Sein Blick fiel erneut auf das Fenster, durch das er die Familie hatte fortziehen sehen. Die Entscheidung, zu kämpfen oder nicht, war mehr als eine taktische Überlegung; es war eine ethische Frage, die tief in das Herz dessen schnitt, was es bedeutete, Befehle zu befolgen und zugleich Mensch zu sein.

Mit einem tiefen Atemzug legte Güldenstern den Hörer wieder auf. Die Nacht zog auf, und mit ihr kam die Ungewissheit. Aber in dieser Ungewissheit lag auch eine Art Klarheit. Vielleicht, dachte er, lag die wahre Herausforderung nicht darin, die Achse zu halten, sondern zu entscheiden, wann der Preis für die Verteidigung zu hoch wurde.

Wahrheit

Genau um 06.00 Uhr, wie jeden Morgen, sofern nicht die Umstände des Krieges es verhinderten, nahm Oberleutnant Güldenstern eine kalte Dusche. Vor dieser morgendlichen Erfrischung absolvierte er jedoch einen 45-minütigen Lauf und einige körperliche Übungen im Morgengrauen. Diese täglichen Rituale waren für ihn nicht nur eine Frage der Körperhygiene, sondern bildeten ein festes Bollwerk gegen das umgebende Chaos. Sie verliehen ihm das Gefühl einer gewissen Normalität, einer Ordnung, die er dringend benötigte, um die Zerrissenheit der Welt ausserhalb seines Kommandopostens zu bewältigen. Mit dieser Routine gab er sich die Kraft, dem Unvorhersehbaren des Tages entgegenzutreten.

Nach dem Laufen und den Übungen, noch unter der kalten Dusche stehend, überdachte Güldenstern, was er beim Kompanierapport, der in knapp zwei Stunde anstand, verkünden sollte. Er hoffte inständig auf gute Nachrichten von Major Kramer, darauf, dass endlich die versprochene Verstärkung unterwegs sei. Doch als er, nach dem Duschen, in sein Zimmer zurückkehrte, um dort sein spartanisches Frühstück zu sich zu nehmen – drei leicht gekochte Eier und eine Tasse Filterkaffee –, fand er auf seinem iPad nichts Ermutigendes. Keine neuen Nachrichten vom Bataillon, nur die düstere Bestätigung der Aufklärer und Nachrichtendienste, dass ein gegnerischer Angriff innerhalb der nächsten 36 Stunden erwartet wurde. Die Befehle waren unverändert, der Druck ungemindert.

Widerstrebend öffnete er einige Online-Zeitungen, ein Ritual, das er sich fast abgewöhnt hatte. Die Schlagzeilen sprachen von der Flucht der Zivilbevölkerung ins Landesinnere, von bevorstehenden Angriffen und mutmasslichen Kriegsverbrechen des Feindes. Politiker warfen Durchhalteparolen in den Raum, und es gab die üblichen heroischen Geschichten von tapfer kämpfenden Schweizer Soldaten – Erzählungen, die Güldenstern mittlerweile mehr zynisch als inspirierend empfand.

Er schloss das iPad mit einer fast resignierenden Geste. Die Nachrichten änderten nichts an der Realität seiner Kompanie, nichts an dem unmittelbaren Druck, den seine Männer spürten, und nichts an der schwindenden Hoffnung, die er täglich in ihren Augen sah. Güldenstern war klar geworden, dass seine Welt, der kleine Ausschnitt an Realität, für den er verantwortlich war, der einzige Bereich war, den er beeinflussen konnte. Alles andere war nur Rauschen, das ihn von seiner eigentlichen Aufgabe ablenkte.

Mit festem Schritt und einer schweren Last auf seinen Schultern machte er sich auf den Weg zum Rapport. Dort würde er seinen Männern gegenübertreten, die auf Führung und Hoffnung warteten, auch wenn beides immer schwerer zu vermitteln war. Güldenstern wusste, dass er ihnen die Wahrheit schuldete, so düster sie auch sein mochte.

Pflicht gegenüber wem?

Pünktlich um 8 Uhr begann der Rapport der Infanteriekompanie in dem behelfsmässig eingerichteten Kommandoposten, tief im Keller einer alten Giesserei. Der Besitzer, selbst ehemaliger Feldwebel, hatte diesen Ort zur Verfügung gestellt und unterstützte, wo er nur konnte. In den kalten, mit Echos gefüllten Hallen richtete Oberleutnant Güldenstern das Wort an seine Offiziere. «Nehmen Sie Platz, meine Herren», sagte er mit einer Stimme, die Stärke projizieren sollte, jedoch von der Last der Verantwortung gezeichnet war.

Er berichtete über die Lage, während die tristen Blicke seiner Zugführer ihm gegenübersassen. «Der Auftrag bleibt derselbe. Wir müssen die Achse sperren und einen gegnerischen Durchbruch hier verhindern», erklärte Güldenstern, doch die Skepsis in den Augen seiner Männer war unübersehbar.

Leutnant Rohner, sichtlich angespannt, brach das Schweigen. «Güldenstern, bekommen wir Munition? Bekommen wir Verstärkung? Wie sollen wir hier verteidigen, wie sollen wir hier sperren? Ich habe keine Männer mehr. Mein Zug besteht noch aus neun Soldaten.»

Güldenstern überlegte kurz, ein schwerer Seufzer entwich ihm. «Ja, wir werden die Soldaten etwas aufteilen. Wir müssen die Züge ausgleichen.» Doch als er begann, seine Pläne darzulegen, wie die verbliebenen Soldaten umverteilt werden sollten, erkannten alle die Absurdität der Situation. Steffen, einer der erfahreneren Offiziere, schüttelte resigniert den Kopf. «Das ist absurd, Güldenstern. Wir können noch so viel hin und her schieben. Wir könnten sogar die Küchenmannschaft bewaffnen, aber was bringt das?»

Leutnant Zysset fügte hinzu, halb im Scherz, halb in Verzweiflung: «Vielleicht finden wir ja noch ein paar Leute im Dorf, die uns helfen, sich zu verteidigen. Vielleicht hat noch jemand ein Sturmgewehr zu Hause.»

Güldenstern strich sich mit Daumen und Zeigfinger über die geschlossenen Augen und schwieg einen Moment. «Wir haben einen Befehl, einen Auftrag», sagte er schliesslich, die Worte schmeckten bitter in seinem Mund.

Steffen antwortete darauf, die Stimme voller Sorge: «Aber was bringt es, wenn wir den Auftrag nicht erfüllen können? Wenn wir wissen, dass wir den Auftrag nicht erfüllen können? Alles was wir tun, ist Leben zu vergeuden. Für was?”

In diesem Moment ergriff der jüngste der Offiziere, Leutnant Bregi, das Wort. Seine Stimme war fest, durchdrungen von einer fast naiven Entschlossenheit. «Meine Herren, wir haben eine Pflicht. Es ist unsere Pflicht, zu kämpfen. Was immer es heissen will. Bis zu jedem letzten Blutstropfen. Das sind wir unserem Vaterland schuldig.»

Die Stille, die darauffolgte, war erdrückend. Alle Augen richteten sich auf Güldenstern, der nach den richtigen Worten rang. Schliesslich stellte er eine Frage in den Raum, eine Frage, die mehr an sich selbst oder an eine höhere Macht gerichtet schien als an seine Männer. «Bis wann ist Verteidigung ethisch noch vertretbar? Bis wann ist der Kampf ethisch noch vertretbar? Bis wann ist es ethisch vertretbar Opfer zu erbringen? Wem sind wir verpflichtet? Unseren Vorgesetzten? Unseren Mitmenschen? Unserem Gewissen?»

Dann stand er auf, seine Gestalt etwas gebeugt unter der Last der unsichtbaren Bürde. «Meine Herren, ich muss mich zurückziehen. Lassen Sie uns in einer Stunde noch einmal zusammenkommen. Ich brauche Zeit für mich.» Mit diesen Worten verliess er den Raum, hinterliess seine Offiziere in einer Atmosphäre der Unsicherheit und des Zweifels.

Fragestellung

  • Bis wann ist Verteidigung ethisch noch vertretbar?
  • Bis wann ist der Kampf ethisch noch vertretbar?
  • Bis wann ist es ethisch vertretbar Opfer zu erbringen?
  • Wem sind wir verpflichtet? Unseren Vorgesetzten? Unseren Mitmenschen? Unserem Gewissen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #9

Zum Decision Game vom September haben uns vier Einsendungen erreicht. Die eingereichten Lösungen zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit der moralischen und politischen Fragestellung und verdeutlichen die vielschichtige Komplexität der hier vorliegenden Problematik.

Oberleutnant Güldenstern steht vor einem klassischen moralischen Dilemma, bei dem er entscheiden muss, ob er einen militärischen Befehl ausführt, der das Leben seiner Soldaten aufs Spiel setzt, oder ob er den Befehl verweigert, was ihn persönlich (Kriegsgericht, Schande) sowie kollektiv (militärischer Misserfolg) in erhebliche Schwierigkeiten bringt. Es geht um die Abwägung von Gehorsam und moralischer Verantwortung, besonders im Hinblick auf die ethischen Prinzipien, die den Schutz des Lebens und die Pflicht zur Durchführung eines militärischen Auftrags betreffen.

Ethische Prinzipien und Theorien

Die ethische Analyse kann auf verschiedene theoretische Grundlagen zurückgreifen, wobei zwei Hauptansätze von Bedeutung sind:

  • Die traditionelle Theorie des gerechten Krieges und das darauf basierende Völkerrecht bieten klare normative Rahmenbedingungen für den Krieg, wobei Prinzipien wie Verhältnismässigkeit, letzte Möglichkeit und legitime Autorität eine zentrale Rolle spielen. Nach diesem Ansatz hat Güldenstern die Pflicht, den Befehl seiner Vorgesetzten zu befolgen, solange diese Prinzipien nicht offensichtlich verletzt werden.
  • Revisionistische Ansätze wie die von Jeff McMahan stellen diese herkömmlichen Annahmen in Frage und betonen, dass individuelle Soldaten die moralische Pflicht haben, Aufträge und Befehle zu hinterfragen und zu beurteilen, ob sie gerechtfertigt sind. Hier wird die individuelle moralische Verantwortung betont, selbst in hierarchischen Strukturen, was bedeutet, dass Güldenstern trotz seines Ranges und seiner Pflichten möglicherweise zu der Schlussfolgerung gelangen könnte, dass die Verweigerung ethisch geboten ist.

Moralische und politische Legitimität

Ein zentrales ethisches Spannungsfeld besteht zwischen moralischer und politischer Legitimität. Politische Legitimität verweist auf die Anerkennung von Befehlen und Strukturen, die von einem politischen Mandat abgeleitet werden, das nach legitimen demokratischen Prozessen ins Leben gerufen wurde. Moralische Legitimität stellt den Schutz grundlegender ethischer Werte wie Menschenwürde ins Zentrum. Für Güldenstern stellt sich die Frage, ob sein Befehl, die Achse um jeden Preis zu verteidigen, moralisch legitim ist, selbst wenn er politisch und institutionell gedeckt ist. Hat Güldenstern das moralische Recht oder sogar die Pflicht, seine eigene Autonomie über die Aufträge und Befehle der Institution zu stellen, um das Leben seiner Soldaten zu schützen?

Militärische Hierarchie und Disziplin

Die militärische Hierarchie stellt eine strukturelle Einschränkung der individuellen Autonomie dar. Güldenstern ist in einem System, das Disziplin und Auftragstreue verlangt. Er muss möglicherweise unmoralische Handlungen ausführen, weil das System sie von ihm verlangt. Doch eine bewusste Entscheidung, einen Befehl zu missachten, setzt ihn erheblichen persönlichen Konsequenzen aus, wie dem Risiko eines Kriegsgerichts.

Hypothetisch betrachtet: Was passiert, wenn Güldenstern den Befehl verweigert?

  • Szenario 1: Die Kompanie zieht sich zurück, was viele (Soldaten-) Leben retten könnte, aber dies könnte zu einem militärischen Misserfolg führen und Güldenstern könnte wegen Befehlsverweigerung verurteilt werden.
  • Szenario 2: Güldenstern folgt dem Befehl, was zu schweren Verlusten unter den Soldaten führt. Zudem wird der militärische Auftrag wahrscheinlich nicht erfüllt. Die Frage bleibt, ob so ein Himmelfahrtskommando moralisch vertretbar wäre.

Moralischer Mut

Eine weitere Dimension ist der Mut. Güldenstern könnte die Entscheidung treffen, aus moralischem Mut den Befehl zu verweigern, obwohl er weiss, dass dies schwerwiegende Konsequenzen für ihn haben könnte. Die Frage ist, ob es vertretbar ist, persönliches Risiko einzugehen, um das Richtige zu tun, wenn dies das Leben anderer schützen kann. Man kann sich auf den Standpunkt stellen, dass das kein ethisches Dilemma ist, sondern schlicht eine Frage der Persönlichkeit und des Vorbilds.

Perspektive der Soldaten

Die Soldaten von Güldenstern, wie Leutnant Bregi, stehen vor ähnlichen ethischen Fragen. Sollen sie ihm folgen, auch wenn sie die Sinnhaftigkeit des Befehls von Güldenstern in Frage stellen? Die revisionistische Theorie des gerechten Krieges betont, dass auch niedrigere Ränge eine moralische Verantwortung haben, Befehle zu prüfen. Dies wirft die Frage auf, wie realistisch es ist, dass Soldaten in stressbeladenen Situationen diese ethischen Überlegungen tatsächlich umsetzen können. Ausserdem ist es fraglich, ob sich Soldaten an Befehle von Vorgesetzten halten werden, die sich selber nicht an Aufträge und Befehle halten.

Stress, Emotionen und Unsicherheit

Die praktischen Herausforderungen bei der Anwendung ethischer Prinzipien in extrem stressigen militärischen Situationen sind nicht zu unterschätzen. Emotionen, Stress und die Unsicherheit der Lage können die Fähigkeit zur rationalen ethischen Reflexion erheblich beeinträchtigen. In einem militärischen Kontext, in dem Entscheidungen in Extremsituationen getroffen werden müssen, kann die Umsetzung abstrakter ethischer Theorien wie der des gerechten Krieges schwierig bis unmöglich sein – und zwar selbst dann, wenn das bis zu einem gewissen Grad trainiert wurde.

Einfluss der öffentlichen Meinung

Güldenstern und seine Soldaten könnten durch zivile Medien und die öffentliche Meinung beeinflusst werden. Der Druck, als «Helden» wahrgenommen zu werden, oder die Erwartung, das Vaterland zu verteidigen, könnte die Entscheidungsfindung erheblich beeinflussen. Diese externen Einflüsse erschweren die Abgrenzung zwischen ethisch richtigen Entscheidungen und solchen, die durch soziale Erwartungen verzerrt werden. Ausserdem hat die öffentliche Meinung in einer Demokratie auch in Kriegszeiten Einfluss darauf, was als politisch legitim gelten darf und was nicht. Es muss bedacht werden, dass Güldenstern und seine Soldaten Bürger in Uniform sind.

Langfristige Konsequenzen: Moralische Verletzungen und Traumata

Unabhängig davon, wie Güldenstern entscheidet, könnte seine Wahl langfristige moralische Verletzungen (moral injuries) und Traumata sowohl für ihn selbst als auch für seine Soldaten mit sich bringen. Wenn er den Befehl befolgt und viele seiner Männer sterben, könnte dies zu tiefgreifenden Verletzungen führen. Aber auch die Entscheidung, den Befehl zu verweigern, könnte schwerwiegende Konsequenzen für die Möglichkeit einer psychologischen und sozialen Wiedereingliederung nach dem Krieg haben, da Soldaten oft mit Schuldgefühlen und inneren Konflikten zu kämpfen haben, wenn sie den Erwartungen nicht gerecht werden oder den Eindruck haben, von vorgesetzter Stufe verlassen worden zu sein.

Offene Schlussbetrachtung

Die ethische Analyse dieses Dilemmas führt zu keiner einfachen oder klaren Handlungsempfehlung. Güldensterns Entscheidung wird letztlich zwischen der Einhaltung militärischer Disziplin, der Wahrung seiner moralischen Integrität und dem Schutz des Lebens seiner Soldaten abgewogen. Die moralischen Theorien bieten Orientierung, doch ihre Anwendung in realen, stressbeladenen militärischen Kontexten wie diesem bleibt eine Herausforderung. Konkret müssen sich militärische Entscheidungsträger der Tatsache stellen, dass es Situationen gibt, in denen sie nur schlechte Optionen haben. Und in Extremsituationen zwischen schlechten Optionen entscheiden zu müssen, führt an die Grenzen des Menschseins.

Oblt Wehrles Handlungsempfehlung hebt sich dabei von den anderen Analysen ab, da er nicht nur die ethischen Dilemmata differenziert beleuchtet, sondern auch konkrete Handlungsanweisungen gibt, die sowohl ethisch als auch praktisch durchdacht sind. Während andere Analysen zwar fundierte ethische Überlegungen anstellen, bleibt Wehrle der Einzige, der eine klare Lösung präsentiert. Er schlägt vor, dass Güldenstern die Situation erneut analysiert, mit dem Bataillonskommandanten Kontakt aufnimmt und, wenn nötig, den Rückzug vorbereitet. Diese Handlungsanweisung berücksichtigt die übergeordneten ethischen Verpflichtungen gegenüber Vorgesetzten, Untergebenen und Zivilisten gleichermassen, was seine Lösung besonders überzeugend macht. Im Vergleich dazu bleiben die anderen Empfehlungen zu sehr auf die Analyse der Problematik beschränkt, ohne einen konkreten Ausweg zu bieten.

Wehrles Ansatz glänzt inhaltlich durch seine realistische Einschätzung der Lage und die klare Verknüpfung ethischer Prinzipien mit praktischer Machbarkeit. Besonders hervorzuheben ist, dass er die verschiedenen Verantwortlichkeiten Güldensterns – gegenüber den Vorgesetzten, der Kompanie und der Zivilbevölkerung – gleichwertig und verantwortungsbewusst in den Entscheidungsprozess einbindet. Seine Vorschläge zur Kommunikation mit den Vorgesetzten und zur Vorbereitung eines geordneten Rückzugs zeigen eine hohe Sensibilität gegenüber den möglichen Konsequenzen der Entscheidung. Dadurch ist Wehrles Lösung nicht nur ethisch fundiert, sondern auch realistisch und praktisch umsetzbar, was sie von den anderen Analysen unterscheidet. Gerne zeichnen wir ihn mit einem Exemplar «Xenophon’s Cyrus the Great – The Arts of Leadership and War» von Xenophon, mit Editor Larry Hedrick aus und möchten uns bei allen Teilnehmenden für ihre angeregten Einsendungen bedanken.

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Podcast stratos

stratos Podcast #2: Neutralität

Warum ist die Neutralität tief in der Schweizer Bevölkerung verankert? Wer definiert unsere Neutralität? Welche Funktionen soll die Neutralität beinhalten? Darüber diskutieren Dr. Marco Jorio, Historiker und Autor, und Thomas Ferst, wissenschaftlicher Projektleiter der Studienreihe Sicherheit, welche jährlich von der Militärakademie MILAK an der ETH Zürich zusammen mit dem Center for Security Studies CSS der ETH Zürich publiziert wird.

Der stratos Podcast erscheint zweimal jährlich und kann auf SoundCloud, Spotify oder via RSS-Feed abonniert werden.

Fragen, Anregungen, Lob und Kritik nimmt Christoph Brunner gerne via entgegen.

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Podcast Praktisch Chef

Praktisch Chef #23: Nik Jäger und Mathias Dick

«Praktisch Chef – der führende Podcast» erscheint jeweils am letzten Donnerstag des Monats und kann auf SoundCloud, Spotify oder via RSS-Feed abonniert werden.

Fragen, Anregungen, Lob und Kritik nehmen Cécile Kienzi und Josef Ochsner gerne via entgegen.

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Update Führung: September 2024

Preliminary Lessons from Ukraine’s Offensive Operations, 2022–23

[RUSI, 18.07.2024, Jack Watling, Oleksandr V Danylyuk, Nick Reynolds]

The 2023 Ukrainian offensive, initially grounded in a solid strategy, failed due to critical errors and missed opportunities by both Ukraine and its international partners. Delays in equipment, inadequate training, and flawed assumptions about Russian forces led to a breakdown in execution. This report is essential reading for military leaders, offering crucial lessons on modern warfare, including the importance of counter-reconnaissance, electronic protection, and the need for adaptable strategies in regenerating combat power. Understanding these failures is key to avoiding similar mistakes and enhancing future NATO operations.

Link: https://www.rusi.org/explore-our-research/publications/special-resources/preliminary-lessons-ukraines-offensive-operations-2022-23

Panzer statt Bullerbü: Nach dem Überfall auf die Ukraine rüsten die skandinavischen Länder auf. So geht Zeitenwende

[NZZ, 20.08.2024, Marco Kaufmann Bossart]

Dieser Artikel bietet wertvolle Einblicke für militärische Führungskräfte, indem er die drastischen sicherheitspolitischen Umbrüche in den skandinavischen Ländern nach dem russischen Überfall auf die Ukraine beleuchtet. Er zeigt, wie entschlossene Aufrüstung und die Abkehr von langjähriger Neutralitätspolitik die Verteidigungsstrategien in Nordeuropa aktuell nachhaltig verändern.

Link: https://www.nzz.ch/meinung/skandinavien-zeigt-wie-zeitenwende-geht-ld.1840980

What is psychological safety?

[McKinsey & Company, 7/2023, McKinsey]

Psychological safety—the absence of interpersonal fear— is critical for peak performance in all areas of life, from work to home. This article delves into why creating environments where people feel safe to speak up, share ideas, and admit mistakes without fear of judgment or retaliation is essential for fostering innovation, productivity, and team effectiveness. Backed by McKinsey’s research, it offers valuable insights for leaders on how to cultivate psychological safety through specific leadership behaviors and development strategies. Military and business leaders alike will find this a compelling read for understanding how to build stronger, more resilient teams.

Link: https://www.mckinsey.com/featured-insights/mckinsey-explainers/what-is-psychological-safety

The Hidden War in Gaza and the West Bank

[Bellingcat, 29.04.2024, Bellingcat Investigation Team]

As Israel gears up for its Rafah offensive, the humanitarian crisis in Gaza deepens, yet restricted media access obscures the full extent of the devastation. In this article, Bellingcat and Scripps News utilize open-source imagery to expose the widespread destruction and deteriorating conditions in Gaza. Simultaneously, the escalating conflict in the West Bank is also highlighted, with satellite imagery revealing continued settlement expansions and rising tensions. This analysis provides a crucial, underreported perspective on the ongoing conflicts, making it a must-read for those seeking to understand the full scope of the crisis.

Link: https://www.bellingcat.com/news/2024/04/29/the-hidden-war-in-gaza-and-the-west-bank/

Wer ist schuld an der Sicherheitslücke beim Trump-Auftritt? Eine Videoanalyse

[NZZ, 18.07.2024, Isabelle Pfister, Jasmine Jacot-Descombes]

Wer trägt die Verantwortung für die Sicherheitslücke bei Donald Trumps Auftritt, bei dem er nur knapp dem Tod entging? Diese Videoanalyse beleuchtet, wie es zu diesem gefährlichen Vorfall kommen konnte. Dabei wird unter anderem das Sicherheitsdispositiv des Secret Service erläutert. Hat der Secret Service versagt, oder liegt die Schuld bei der Polizei? Der Artikel untersucht die gemachten Fehler und gibt spannende Einblicke in die Abläufe hinter den Kulissen. Eine aufschlussreiche Analyse für alle, die an Sicherheitsfragen und den Hintergründen solcher Ereignisse interessiert sind.

Link: https://www.nzz.ch/international/wer-ist-schuld-an-der-sicherheitsluecke-in-butler-eine-videoanalyse-ld.1839679

Deviance and Innovation: Change in a «Society of Saints»

[Joint Force Quarterly, 25.07.2024, Thaddeus V. Drake, Derrick L. McClain]

This article is a must-read for military leaders who seek to balance order and discipline with the need for innovation. It challenges conventional wisdom by proposing that controlled deviance within a rigid structure can be a driving force for change and improvement, offering valuable insights into how military organizations can adapt in rapidly changing environments.

Link: https://digitalcommons.ndu.edu/joint-force-quarterly/vol114/iss2/5/


Über das «Update Führung»

Das Update Führung ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.

Falls Sie Lesenswertes zu Command, Leadership oder Management entdecken, würden wir uns freuen, wenn Sie dies mit uns teilen. Gerne nehmen wir Tipps für die kommende Ausgabe von Leader’s Digest via entgegen.

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Buch des Monats: «Xenophon’s Cyrus the Great – The Arts of Leadership and War» von Xenophon, Editor Larry Hedrick

Was ist die Kernaussage des Buches?

Die zentrale Botschaft von Xenophons «Cyrus the Great – The Arts of Leadership and War» (bearbeitet von Larry Hedrick) ist, dass effektive Führung eine ausgewogene Mischung aus Weisheit, Gerechtigkeit, strategischem Denken und der Fähigkeit ist, Loyalität und Respekt bei den Geführten zu inspirieren. Xenophon stellt Kyros den Grossen als das Idealbild eines Leaders dar—jemand, der militärische Stärke mit moralischer Integrität, strategisches Geschick mit Mitgefühl und Autorität mit Demut vereint. Durch Kyros’ Leben zeigt Xenophon, dass die wahre Kunst der Führung nicht nur im Erobern von Ländern liegt, sondern in der gerechten Herrschaft und dem Gewinn des dauerhaften Respekts und der Loyalität der Regierten. Dabei werden die Schlüsselthemen der moralischen Führung, strategischen Weisheit, der Bedeutung von Bildung, des Gleichgewichts zwischen Macht und Wohlwollen sowie der Loyalität und des Respekts miteinander verknüpft, um das Idealbild eines grossartigen Führers zu zeichnen.

Was gefällt Ihnen an diesem Buch am besten?

Was dieses Buch ausmacht, ist die lebendige Erzählweise Xenophons, die Geschichte und Philosophie geschickt miteinander verwebt und den Leser tief in die Welt von Kyros dem Grossen eintauchen lässt. Es bietet zeitlose Weisheiten über Führung und Moral, die auch heute noch relevant sind. Die Darstellung von Kyros als idealem Leader inspiriert und regt zum Nachdenken an. Die Verschmelzung von historischem Bericht und philosophischer Reflexion sowie die zugängliche Bearbeitung machen das Werk sowohl intellektuell bereichernd als auch emotional ansprechend.

Gibt es Punkte, in welchen Sie die Argumentation des Buches nicht unterstützen, oder Bereiche, die Ihrer Meinung nach zu kurz kommen?

Nein, das Buch ist für mich wirklich in sich geschlossen.

An wen richtet sich Ihre Empfehlung?

Dieses Buch richtet sich an alle Führungskräfte – sei es im militärischen, politischen oder wirtschaftlichen Bereich. Ich empfehle es allen, die nicht nur effektiv führen, sondern auch das Richtige tun wollen. Xenophons Darstellung von Kyros dem Grossen zeigt, dass wahre Führungsstärke nicht nur in strategischem Geschick, sondern vor allem in Integrität, Grossmütigkeit und Menschlichkeit liegt. Kyros’ humanistischer Führungsstil, der auf Einfühlungsvermögen und moralischer Grösse basiert, ist seiner Zeit weit voraus und bietet wertvolle Lektionen, die heute oft verloren gehen. Diese zeitlose Weisheit macht das Buch zu einer unverzichtbaren Lektüre für alle, die nicht nur erfolgreich, sondern auch ethisch führen wollen.

Wie hat Ihnen dieses Buch im militärischen Führungsalltag geholfen?

Dieses Buch hat mir als Führungskraft entscheidend geholfen, insbesondere in Situationen, in denen ich mit Dilemmata konfrontiert war. Oft steht man vor der Herausforderung, zwischen moralisch korrekten Entscheidungen und möglicherweise kurzfristig vorteilhaften, aber weniger ethischen Optionen zu wählen. Kyros der Grosse inspiriert dazu, integer und ethisch korrekt zu handeln, und zeigt auf, dass dieser Weg nicht nur moralisch richtig, sondern auch langfristig erfolgreich ist. Es bestärkt darin, sich selbst treu zu bleiben und die humanistische Seite der Führung zu betonen, ohne sich von äusseren Zwängen zu unethischem Handeln verleiten zu lassen. Ich konnte mir dann auch manchmal die Frage stellen: «Was würde Kyros in dieser Situation tun?» Dadurch wurde das Buch zu einer wertvollen Entscheidungshilfe in meinem Führungsalltag.

Welchem Teilaspekt des Command-Leadership-Management-Modells ordnen Sie dieses Buch zu?

Das Buch zeigt eindrücklich, wie Command und Leadership sich gegenseitig bedingen und bestärken. In der heutigen Zeit geht es nicht primär darum, Teams zu managen, sondern darum, sie zu inspirieren, zu motivieren und gemeinsam mit ihnen die gesteckten Ziele zu erreichen – und das stets im Einklang mit humanistisch-moralischen Grundsätzen. Genau hier setzt Kyros der Grosse an. Das Buch bietet wertvolle Einsichten, wie man als Führungskraft nicht nur effektiv und erfolgreich sein kann, sondern auch moralisch integer handelt. Es zeigt, dass wahre Führungsstärke darin liegt, Ethik und Menschlichkeit in den Mittelpunkt des eigenen Handelns zu stellen, ohne den Auftrag zu vernachlässigen und dadurch das Vertrauen und die Loyalität der Teams zu gewinnen.

Wo sehen Sie zukünftig die grössten Herausforderungen für die Führung in der Schweizer Armee?

Die grösste Herausforderung für die Führung in der Schweizer Armee sehe ich in der Deregulierung: wegzukommen von stark hierarchisch regulierten Systemen hin zu einer Erweiterung der Handlungsfreiheit. Es geht darum, technokratisch-bürokratische, prozessorientierte Führung aufzulösen und stattdessen mündige, engagierte Soldaten zu fördern, die auf jeder Stufe Verantwortung übernehmen und als Leader und Kommandanten agieren können – ohne durch übermässige Regulation eingeschränkt zu werden.

Und wo sehen Sie diesbezüglich die grössten Chancen?

Die grosse Chance ist das Wesen unserer Milizarmee, nämlich, dass wir Bürgersoldaten haben, die von Natur aus Überregulation nicht zulassen. Als kritisch denkende Bürger bringen sie eine Unabhängigkeit mit, die sie davor bewahrt, sich zu stark in hierarchische Systeme einzwängen zu lassen. Diese Soldaten, die vorwiegend im zivilen Umfeld tätig sind, sind flexibler und offener für Veränderungen, was unserer Armee einen klaren Vorteil gegenüber anderen Streitkräften verschafft.


Über den Rezensenten

Oberst i Gst Mathias Müller ist 54 Jahre alt und hat Arbeits- und Organisationspsychologie sowie Kommunikations- und Medienwissenschaften studiert. Seine Karriere begann als Journalist. Seit 25 Jahren dient er als Berufsoffizier und bekleidet heute den Rang eines Obersts im Generalstab, wo er im Stab des Chefs der Armee tätig ist. In seiner militärischen Laufbahn war er unter anderem als Kommandant der Rekrutierung, der Infanterieoffiziersschule und des Kompetenzzentrums Sport in Magglingen tätig. Neben seiner militärischen Tätigkeit ist er auch als Buchautor und Politiker aktiv und gehört seit zehn Jahren dem Grossrat des Kantons Bern an. Mathias Müller ist verheiratet und Vater von drei Kindern, die 15, 17 und 19 Jahre alt sind.

Über das «Buch des Monats»

Das «Buch des Monats» ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.

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Leader's Digest Leader's Digest #8 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #8

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #8

Szenario

Um 1100: Kaum 30’ im Bereitschaftsraum BERN-BETHLEHEM angekommen, erhält Ihre Kompanie (Pz Gren Kp 14/3) vom Kommando des Mech Bat 14 die Meldung, dass der Gegner die Frontlinie im JURA an mehreren Stellen durchbrochen hat und mit seinen Aufklärungsspitzen bereits vor 2h den JURA-SÜDFUSS bei NEUENBURG erreicht hat.

Somit ist die schlimmste aller gegnerischen Entwicklungsmöglichkeiten eingetroffen. Offensichtlich beabsichtigt der Gegner mit einem raschen Stoss durchs SEELAND, einerseits über den SAANEGRABEN mit 2-3 Kampfbataillonen nebeneinander Richtung BERN zu stossen und andererseits in gleicher Stärke bei AARBERG die AARE zu überschreiten und durchs LYSSBACHTAL Richtung MOOSEEDORF zu stossen, um das politische Zentrum BERN von Nord und Süd zu umfassen.

Das Mechanisierte Bataillon 14 hat als Frontverband vor kurzem den Bereitschaftsraum BERN erreicht, während die restlichen Kräfte der Brigade im Raum BERNER OBERLAND die Einsatzbezogene Ausbildung abgeschlossen haben und die Marschbereitschaft erstellen. Aufgrund der jüngsten Lageentwicklung erhielt das Mechanisierte Bataillon 14 die Aufgabe, den gegnerischen Vorstoss Richtung BERN für 5-7h zu verzögern und das Ausbrechen gegnerischer Kräfte über THÖHRISHAUS Richtung BELPMOOS verhindern, um dadurch günstige Voraussetzungen für Folgekräfte der Brigade zu schaffen und gleichzeitig den Zusammenschluss gegnerischer Kräfte SE von BERN und damit die Einkesselung der Hauptstadt zu verhindern.

Um 1110: Der Gegner befindet sich nach neusten Meldungen mit seinen Spitzen in der Stärke von 2 Mechanisierten Infanteriekompanien im Raum MURTEN – SEELAND. Es wird erwartet, dass der Gegner innerhalb der nächsten Stunde mit 1-2 Kompanien in Front über GURMELS an die SAANE stossen wird, um nach einer Feuervorbereitung die SAANE einerseits bei LAUPEN und anderseits im Norden via SAANEVIADUKT (A1) sowie bei GURMES überschreiten und innerhalb weiterer 2h nach BERN-BRÜNNEN und an die A12 weiterzustossen wird.

Sie sind Zugführer AMBOS der Panzergrenadierkompanie 14/3 (CHARLIE). Ihr Zug wurde als Spitzenverband vor 5’ (Auslösung erfolgte um 1125) in Marsch gesetzt.

Aktuell fahren Sie als Spitzenzug von BERN BETHLEHEM in Süd-West Richtung bei NIEDERWANGEN auf die A12, um bei LAUPEN als Teil der CHARLIE Kompanie das Übersetzen des Gegners über die SAANE für mindestens 4h zu verhindern (gemäss Kompaniekommandant erfolgen detailliertere Befehle vor Ort).

Um 1130: Der Gegner hat die SAANE bei GÜMMENEN mit Aufklärungskräften in Zugsstärke überschritten. Die vorgesetzte Stufe erkennt ein Verlagern des Schwergewichts des gegnerischen Stosses entlang der Achse MÜHLEBERG – FRAUENKAPPELEN.

Der Gegner hat zudem Mechanisierte Infanterie im Raum Westlich SAANE-GRABEN bei GÜMMENEN zusammengezogen. Es ist davon auszugehen, dass er innerhalb der nächsten Stunde mit mindestens 1 Mechanisierten Infanteriekompanie zum Stoss über MÜHLEBERG Richtung BERN ansetzt.

Für die Kompanie CHARLIE geht es darum, den Gegner zwischen MÜHLEBERG und FRAUENKAPPELEN für 4-5h zu verzögern, damit sich unser Bataillon im Raum BERN BETHLEHEM sowie entlang der A12 zur Verteidigung einrichten kann.

Gegner

Zwei Mechanisierte Infanteriekompanien; genaue gegnerische Mittel sind noch unbekannt.

Eigene Mittel

Als Zugführer AMBOS in der Kompanie CHARLIE verfügen Sie über folgende Mittel:

2 Panzergrenadier-Patrouillen, also 4 Panzergrenadier-Gruppen mit je:

  • 1 Schützenpanzer CV 90
  • 2 RGW
  • 2 LMg sowie
  • 3x Trichter-Sprengladungen 88

Zudem stehen Ihnen als Zugführer Drohnenteam 3 Mini-UAVs mit je einer Autonomie von 15’ zur Verfügung.

Auftrag

Per Funk erhalten Sie den folgenden Auftrag – Sie befinden sich noch in der Annäherung:

Zug AMBOS

  • sperrt innerhalb der nächsten 1h im Raum zwischen ALLENLÜFTEN und HEGGIDORN und verhindert einen gegnerischen Stoss entlang der Überlandstrasse südlich von STOCKERE für mindestens 1h-2h ohne sich dabei mit dem Gegner zu verzahnen.
  • Hält sich bereit anschliessend in den Raum NIEDERBOTTIGEN auszuweichen und sich im Raum BERN-BRÜNNEN als Verfügungsverband bereitzuhalten.

Besondere Anordnungen:

Die Kompanie CHARLIE erhält für die kommenden 2h die Feuerpriorität der unmittelbaren Feuerunterstützung durch die 12cm Mörserkompanie 14/5. Da für diese Lageentwicklung kein Feuerführungskonzept erstellt wurde, müssen die Feuerräume auf Stufe Zug ausgeschieden werden und mittels ARTUS-Verfahren (Angabe von Ziel-Zweck-Zeit) geführt werden.

Umwelt

Der Kartenausschnitt ALLENLÜFTEN – HEGGIDORN ist für Ihre Befehlsausgabe ausreichend. Für das Gesamtverständnis lohnt sich jedoch ein Blick auf die Landeskarte 1:50’000 (https://map.geo.admin.ch/#/map?lang=de&center=2587119.13,1200345.31&z=6.2).

Fragestellung

  • Fassen Sie einen Entschluss für die Sperre ALLENLÜFTEN.
  • Halten Sie sich bereit Ihren Panzergrenadierzug aus dem Marsch zu befehlen.
  • Beachten Sie, sich nicht mit dem Gegner zu verzahnen, um sich Richtung Osten absetzen zu können.
  • Planen Sie das zur Verfügung stehende Bogenfeuer effektiv ein.

Sie können Ihre Antwort entweder als Skizze – basierend auf dem Kartenausschnitt – einreichen oder im Wortlaut der Funkmeldung an ihre unterstellten Gruppenführer.

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #8

Zum Decision Game vom August haben uns vier Einsendungen erreicht – der beste Rücklauf auf ein taktisches Problem soweit, mit erfreulichem Resultat: Es sind vier Lösungen mit verständlichen, kompakten Aufträgen – zusätzlich jeweils mit Kartenausschnitten visualisiert.

Eindrücklich ist dieses Mal, dass die vier Lösungen sich ausgesprochen ähnlich sind. Alle Lösungen sehen den Einsatz von Panzerwarnern im Vorgelände vor – sei es durch eine Patrouille oder durch Drohne; hier wurde das Handwerk verstanden und es wird bei den Zeitverhältnissen über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Sämtliche vier Lösungen sehen eine Staffelung von mehreren Sperren vor, dabei jeweils die erste frühestens auf Höhe ALLENLÜFTEN, spätestens auf Höhe Eintritt Hauptstrasse in den Wald; die letzte frühestens bei Punkt 673 und spätestens am Ortsrand HEGGIDORN. Der Raum dazwischen wird von drei Einsendungen für eine dritte Sperre genutzt, die vierte nutzt den Raum OBERE LEDI als Bewegungsraum für einen Gegenangriff.

Das Mörserfeuer wird verschiedentlich gehandhabt, eine Einsendung weist drei Feuerräume aus, eine andere vier, eine definiert elf Planfeuer, darunter auch Niederhalten als Linienziel – offensichtlich ist hier die Umschulung auf die neuen Schiessverfahren bereits erfolgt. Die weiteren Unterschiede sind marginal, die Funksprüche sind allesamt kompakt, Sofortmassnahmen werden angeordnet – mit diesen vier Autoren könnten die vier Gefechtskompanien eines Bataillons geführt werden.

Lösungsskizze Decision Game #8

Welcher der Ansätze zielführend ist, könnte abschliessend wohl nur im Gelände beurteilt werden, aber es handelt sich um einen Kartenentschluss – und entsprechend ein Kartenurteil. Von den vier Einsendungen präferiere ich die, welche sämtliche Sperren weiter östlich als die anderen eingeplant hat. Ich sehe darin verschiedene Vorteile: die Gefahr einer Verzahnung oder gar Umfassung in ALLENLÜFTEN ist reduziert und das Potential des «Feuersacks» mit dem natürlichen Stauraum im Wald dürfte sich wesentlich besser entfalten, wenn der Gegner erst in den Raum hineingelassen wird. Der Preis für diese Lösung geht entsprechend erneut an Hptm Raphael Iselin, welcher sich bereits im Juni mit seiner Handlungsempfehlung behaupten konnte. Er erhält das Exemplar «Strategie – Die Logik von Krieg und Frieden» von Edward Luttwak zugestellt. Das Prinzip Feuersack kann übrigens noch weitergedacht werden, wie die Lösung in der Abbildung oben zeigt. Diese stammt jedoch vom Autor und wird deshalb nicht prämiert.

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Podcast Praktisch Chef

Praktisch Chef #22: Philipp Keller

«Praktisch Chef – der führende Podcast» erscheint jeweils am letzten Donnerstag des Monats und kann auf Google Podcasts, SoundCloud, Spotify oder via RSS-Feed abonniert werden.

Fragen, Anregungen, Lob und Kritik nehmen Cécile Kienzi und Josef Ochsner gerne via entgegen.

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Update Führung: August 2024

Military Leadership: An Introduction to Future-Oriented Leadership Concepts

[stratos, 09.07.2024, Sarah Von Felten, p. 126-130]

In a world of constant change, modern military leadership must evolve. This article explores future-oriented concepts such as Change Management, Mental Health/Resilience, and Work-Life Balance, which are crucial for effective leadership. Sarah von Felten, a researcher at ETH Zurich’s Military Academy, highlights the importance of adapting traditional leadership models to ensure operational success and team well-being. By integrating these strategies, leaders can navigate dynamic environments and meet contemporary challenges. Interested readers will also find many other interesting articles in this issue of stratos.

Link: https://backend.vtg.admin.ch/fileservice/sdweb-docs-prod-vtgch-files/files/2024/07/09/c013217c-37f0-41be-a267-4a98728f2adf.pdf

Cybersicherheit im Weltraum verstehen

[CSS ETH Zürich, 6/2024, Clémence Poirier]

Der Artikel «Cybersicherheit im Weltraum verstehen» beleuchtet die enge Verbindung von Cyber- und Weltraum und zeigt die wachsende Bedrohung für Weltrauminfrastrukturen durch Cyberangriffe auf. Am Beispiel der Cyberattacke auf das KA-SAT-Satellitennetzwerk vor der Invasion der Ukraine im Jahr 2022 wird die Verwundbarkeit kritischer Systeme deutlich. Für militärische Führungspersonen bietet der Artikel wichtige Einblicke in die Bedrohungslandschaft und die notwendigen politischen, rechtlichen und technischen Massnahmen, um Satelliten und damit verbundene Operationen zu schützen. Ein unverzichtbarer Beitrag für alle, die die Sicherheit moderner militärischer Systeme verstehen und verbessern wollen.

Link: https://css.ethz.ch/publikationen/css-analysen-zur-sicherheitspolitik/details.html?id=/n/o/3/4/no_343_understanding_cybersecurity_in_ou

China Unveils World’s 1st Virtual Military Commander; Participates In Computer Wargames To Prepare For Future

[The EurAsian Times, 16.06.2024, Ritu Sharma]

China has unveiled the world’s first virtual military commander, actively participating in large-scale computer wargames. As global debates continue on the ethics of AI in warfare, China’s AI commander is already simulating real-life military scenarios at the National Defense University. Unlike in the US, where AI supports human commanders, China’s AI mimics human decision-making with unprecedented authority. This raises crucial questions about the future role of AI in the military, highlighting both its potential and the ethical challenges it presents. An essential read for understanding the future of AI in warfare.

Link: https://www.eurasiantimes.com/china-unveils-worlds-1st-virtual-military/

Le leadership ne se résume pas à l’efficacité et aux processus

[Forbes, 10.07.2023, Joyce E. A. Russell]

Certains affirment que le remplacement des cadres humains par des robots permettrait d’accroître l’efficacité et d’éliminer les incohérences. Ce débat soulève toutefois une question centrale : Le leadership peut-il être simplement réduit à l’efficacité ? Joyce E. A. Russell explore ce sujet en soulignant l’importance des qualités humaines dans le leadership, telles que l’empathie et la reconnaissance, qui inspirent les employés et enrichissent leur expérience professionnelle. Lisez dans cet article quelques arguments pour et contre cette révolution robotique dans le leadership.

Link (FR): https://www.forbes.fr/business/le-leadership-ne-se-resume-pas-a-lefficacite-et-aux-processus/
Link (EN): https://www.forbes.com/sites/joyceearussell/2023/04/10/leadership-is-more-than-just-efficiency-and-processes/

Old and new lessons from the Ukraine War

[The Strategist, 07.06.2024, Joseph S. Nye]

This article summarizes the crucial lessons from the Ukraine War in a short and precise manner, revealing insights into modern warfare tactics, the impact of information campaigns, and the unpredictability of conflicts. It’s an interesting read for all Swiss military officers, yearning to get a better understanding for the ongoing dynamics in modern conflicts.

Link: https://www.aspistrategist.org.au/old-and-new-lessons-from-the-ukraine-war/

How generational stereotypes hold us back at work

[TEDxCreightonU, 4/2018, Leah Gorges]

In this insightful TED Talk, social psychologist Leah Georges explores the dynamics of the multigenerational workforce, encompassing the Silent Generation, baby boomers, Generation X, millennials, and Gen Z. She challenges the assumptions that often create barriers between these groups and highlights how our similarities outweigh our differences. Georges provides practical strategies for improving communication and collaboration across generations. This talk is particularly interesting for military leaders, who work with diverse age groups and must bridge generational gaps to foster effective teamwork and mission success.

Link: https://www.ted.com/talks/leah_georges_how_generational_stereotypes_hold_us_back_at_work?subtitle=en&geo=fr&trigger=0s


Über das «Update Führung»

Das Update Führung ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.

Falls Sie Lesenswertes zu Command, Leadership oder Management entdecken, würden wir uns freuen, wenn Sie dies mit uns teilen. Gerne nehmen wir Tipps für die kommende Ausgabe von Leader’s Digest via entgegen.

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Leader's Digest Leader's Digest #8 Newsletter

Buch des Monats: «Strategie – Die Logik von Krieg und Frieden» von Edward Luttwak

Was ist die Kernaussage des Buches?

Luttwaks Überlegungen zur Logik von Krieg und Frieden setzen systematisch bei den – linear gedacht – unlogischen Paradoxien, Ironien und Widersprüchen praktizierter Strategie an.

Der erste Teil seines Buches widmet sich den Grundzügen der bereits in dem Satz «Si vis pacem, para bellum» zum Ausdruck kommenden paradoxen Logik der Strategie. Anhand kenntnisreich ausgewählter Beispiele aus der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts weist er nach, dass die gesamte Strategie von paradoxer Logik durchzogen ist, «die regelmässig gegen die gewöhnliche lineare Logik verstösst, indem sie die Gegensätze zusammenfallen lässt und umkehrt». Paradoxes Verhalten wird dabei häufig belohnt – geradlinig-lineares nicht selten bestraft.

Der zweite Teil des Buches widmet sich fünf «vertikalen Dimensionen» der Strategie, auf denen jeweils eine «dynamische Logik von Aktion und Reaktion» zum Tragen kommt. Der Begriff Strategie wir dabei allgemein verstanden als die Regelung und die Folgen menschlicher Beziehungen im Kontext tatsächlicher oder möglicher bewaffneter Konflikte. Die Komplexität strategischen Handelns zeigt sich insbesondere in den vertikalen und horizontalen Interdependenzen, beispielsweise im Rahmen vertikaler Erfolge bei gleichzeitig horizontalem Scheitern.

Was gefällt Ihnen an diesem Buch am besten?

Luttwak ist im besten Clausewitzschen Sinne «verweilende kritische Betrachtung». Die sorgfältig recherchierten historischen Beispiele sind vortrefflich geeignet, das Urteilsvermögen des Lesers zu schärfen.

Wer bei Luttwak nach konkreten Lösungsansätzen oder gar Rezeptlösungen sucht, wird enttäuscht. Dennoch ist das Erkennen der non-linearen Dominanz in der strategischen Denklogik ein wichtiger Grundbaustein militärischen Denkens und steht teilweise im völligen Kontrast zur oft vorherrschenden Wettbewerbslogik.

Gibt es Punkte, in welchen Sie die Argumentation des Buches nicht unterstützen, oder Bereiche, die Ihrer Meinung nach zu kurz kommen?

Luttwaks Wertungen sind im Einzelnen sicherlich immer wieder angreifbar. Der Verweis auf nicht intendierte Folgen, die Verkehrung von Friedensbemühungen ins Gegenteil sowie die mannigfachen Paradoxien auf allen Ebenen der Strategie mögen den Leser zunächst verunsichern, da es manch konventionelle Sichtweise in Frage stellt. Dem Buch fehlt zudem ein Modell, welches die machpolitischen Mechanismen und Interdependenzen strategischer und taktischer Handlungen vereinfacht visualisiert.

An wen richtet sich Ihre Empfehlung?

Sie richtet sich an alle, die sich mit Aspekten der Sicherheitspolitik, Militärstrategie, operativen Fragen oder taktischen Herausforderungen beschäftigen.

Wie hat Ihnen dieses Buch im militärischen Führungsalltag geholfen?

Es stellt für mich nach wie vor ein Schlüsseldokument beim Verständnis strategischer Handlungslogik und den Grundsätzen des Taktierens dar.

Die zentrale Bedeutung non-linearen Handelns in der Strategie und Taktik wird nachvollziehbar und verständlich aufgezeigt.

Welchem Teilaspekt des Command-Leadership-Management-Modells ordnen Sie dieses Buch zu?

Schwergewichtig dem Command-Bereich auf allen Stufen. Das Buch zeigt eindrücklich, warum strategisches, operatives und taktisches Handeln einer äusserst komplexen und teilweise paradoxen Logik folgen und daher nur bedingt planbar oder gar prognostizierbar sind (dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht geplant wird, es ist nur die Frage wie, in welcher Tiefe und um welche Voraussetzungen zu schaffen – nicht Planungssicherheit, sondern möglichst günstige Handlungsvoraussetzungen), denn strategische und taktische Handlungen erfolgen meist in rascher Abfolge von Handeln, Wirkungsbeurteilung und zweckmässiger Anpassung.

Es geht also weniger um einen «perfekten» Plan oder um allgemeingültige Lösungen die weit im Voraus generiert werden, sondern darum, auf allen Stufen das grosse Ganze zu verstehen und Voraussetzungen zu schaffen möglichst rasch und flexibel Entscheidungen dezentral zu treffen.

So wird mit Luttwak indirekt einerseits das Verständnis der unterschiedlichen Rollen von Leader und Manager im militärischen Kontext (im Frieden wie im Krieg) geschärft und andererseits zwingt es uns in der Folge (nicht aber Inhalt des Buches) herkömmliche Führungs- und Leadership-Grundsätze der Armee kritisch zu hinterfragen.

So verdeutlicht sich beispielsweise der Bedarf eines Wandels gerade im Bereich der Führungs-, Lern- und Innovationskultur und zwar nicht primär aufgrund immer dynamischeren Marktentwicklungen oder einer Anpassung militärische Führung an Gegebenheiten in der Wirtschaft, sondern aufgrund einer sehr ursprünglichen Militärlogik.

Wo sehen Sie zukünftig die grössten Herausforderungen für die Führung in der Schweizer Armee?

Die Herausforderung der Schweizer Armee sehe ich primär darin, dass wir aufgrund unserer geringen Krisen- und Konflikterfahrung, die eigentliche Wesensart von Entscheidungen in kriegerischen Auseinandersetzungen im etablieren des Führungsdenkens (militärisches Mindset) generell vernachlässigen.

Die Fähigkeit zum strategischen und taktischen Denken, wie beispielsweise der Pragmatismus im Einsatz, die zentrale Bedeutung von Flexibilität, Initiative, Kreativität, Innovation und Antizipation, werden weder bei der Wahl militärischen Führungspersonen gefordert (z.B. im Rahmen der Selektion) noch gezielt geschult.

Das Einhalten klar vorgegebener Führungsprozesse wird in der Regel höher gewichtet als taktisches Denken. Dabei sind in Führungslehrgängen, Kursen und Übungen der Umgang mit Unsicherheit / Unklarheit meist kaum ein Thema (sprich lieber Klarheit als Wahrheit…).

Offiziere werden so zu «Uhrmachern», welche daran gemessen werden wie gut (Zeit-) Pläne aufgehen und Friktionen und Risiken vermieden werden, und zu «Anwälten», die sich stark an Reglementsziffern orientieren.

Und wo sehen Sie diesbezüglich die grössten Chancen?

Am Anfang von Veränderungen steht entweder die Attraktivität des Neuen oder die Erkenntnis des Handlungsbedarfs.

Dabei verdeutlicht Luttwak generelle Aspekte der Strategie, welche nicht nur Anpassungen in der militärischen Führungsausbildung erfordern, sondern auch bei der Weiterentwicklung der Armee berücksichtigt werden sollten. Weil für eigenständiges und eigenverantwortliches Handeln vor allem ein verbessertes Gesamtverständnis erforderlich ist, kann das Buch auf allen Stufen einen Beitrag zur Ausbildung und Befähigung militärischer Führungskräfte leisten. Dabei hilft der Beispielsreichtum der Veranschaulichung und dem Verständnis.


Über den Rezensenten

Oberst i Gst Dominik Belser ist seit 2022 Kommandant der Panzer/Artillerie Offiziersschule 22 und hatte auch bereits zuvor das Privileg, zahlreiche Führungspositionen zu bekleiden. Seit 2022 ist er zudem stellvertretender Kommandant Heer, wo er sich vor allem durch seine fundierten Kenntnisse im Bereich der Panzerführung auszeichnen kann. Neben seiner militärischen Karriere widmet sich Dominik Belser gerne der Öl- und Aquarellmalerei, spielt Klavier oder hält sich durch Fitnessaktivitäten aktiv.

Über das «Buch des Monats»

Das «Buch des Monats» ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.

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Leader's Digest Leader's Digest #7 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #7

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das letztmalig vorgestellte Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der eingegangenen Handlungsempfehlung durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #7

Szenario

In der Schweiz wird eine grosse Konferenz durchgeführt. Der militärische Einsatzleiter ist erkrankt und als sein Stellvertreter übernehmen Sie nun die Führungsverantwortung. Obwohl Sie in der Vorbereitung involviert sind, sind Sie mit der hierarchischen Organisation mit 27 Direktunterstellten nicht glücklich und überlegen sich, auch aufgrund der Informationen aus «Power to the Edge», einen neuen Ansatz.

Fragestellung

  • Welche Struktur sehen Sie vor?
  • Welche Grundüberlegungen sind wegweisend für ihre Entscheidung?
  • Wie stellen Sie Führung und Kontrolle sicher?
  • Wie müssen Sie kommunizieren und wie schaffen Sie es, dass Entscheidungen an den Rändern gefördert werden?
  • Gibt es kurzfristige Änderungen im Mindset, die Sie provozieren müssen?

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #7

Zum Decision Game vom Juli hat uns eine Einsendung erreicht. Sie sehen also, dass die Gewinnchance bis zu 100% betragen kann.

Die Einsendung ist anhand der gestellten Fragen strukturiert, weshalb ich (Patrick Hofstetter) sie auch entsprechend diskutiere.

Welche Struktur sehen Sie vor?

Der Einsender weist darauf hin, dass es im realen Leben wohl zu spät ist. Tatsächlich hängt die Frage, ob eine Transformation sich auszahlt, nicht nur davon ab, wie gross der finale Nutzen sein wird, sondern auch, für wie lange von diesem profitiert werden kann und wie gross der Transformationsaufwand ist. In einem laufenden Rennen sollte man selten die Pferde wechseln – es sei denn, das Pferd ist lahm, eine Alternative kann einfach eingewechselt werden und das Rennen dauert noch lange.

Davon abgesehen betont der Einsender, dass er am liebsten mit der flachen Hierarchie arbeiten würde, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass in den unteren (taktischen) Stufen hocherfahrene Kommandanten, zivile Chefs fest mit ihren Einheiten und Kompetenzen verankert sind. Auch dem ist nicht zu widersprechen. Tatsächlich weist es auf eine Schwäche in der Aufgabenstellung hin: Ob und welche Struktur (Management) erforderlich ist, hängt massgeblich davon ab, welcher Auftrag (Command) damit zu erfüllen ist und mit welchen Menschen (Leadership) ich das tun kann. Der Einsender führt das weiter aus in der Antwort auf die folgende Frage:

Welche Grundüberlegungen sind wegweisend für ihre Entscheidung?

Sein Urteil lautet, je komplexer die Aufgabe, desto flacher müsse die Hierarchie sein, denn «nur wenn sehr erfahrene Chefs […] so tief unten wie möglich und somit rasch Situationen lösen können und dürfen, generiert dies auf der oberen und obersten Führungsstufe die nötige Ruhe um sich um ihre Bereiche zu kümmern.» So formuliert ist dies ein Bekenntnis zu den Grundsätzen der Auftragstaktik, dem auch die Redaktion nur beipflichten kann. Dies kommt auch in der nächsten Antwort zur Geltung:

Wie stellen Sie Führung und Kontrolle sicher?

Hier verweist der Einsender erneut auf die Erfahrung der Direktunterstellten als Grundlage und stellt eine spannende Gegenthese zum vielgehörten Glaubenssatz auf: «Information ist Bringschuld». Er versteht das im Sinne einer dienenden Grundhaltung der Vorgesetzten, der ich mich voll und ganz anschliessen kann, mit einer Nuance: Ich würde darauf verzichten, diesbezüglich auf die inflationär verwendeten, modisch oszillierenden, inhaltlich irreführenden und empirisch widerlegten «Positive Leadership Styles» wie Servant (oder Authentic, Charismatic, etc) Leadership zu verweisen. Wichtig bleibt allerdings, dass gepaart mit flacher Hierarchie Chef und Stab ausreichend Zeit haben, um die Direktunterstellten und die Einsatzkräfte zu unterstützen.

Wie müssen Sie kommunizieren und wie schaffen Sie es, dass Entscheidungen an den Rändern gefördert werden?

Diese Antwort alleine hätte den Preis verdient: «Erfahrung ist nichts anderes als langjährige Funktion in derselben Stelle. Im Gegensatz zu den Blaulichtorganisationen wechseln wir in der Armee viel zu schnell unsere Verantwortungsbereiche. Ein Kommandant sollte mindestens acht Jahre in seiner Funktion verweilen. Die Kettenreaktion spiegelt sich in den Stäben.» Tatsächlich wurde ich schon gefragt, weshalb ich «erst» mit 40 Jahren Bataillonskommandant wurde. Generell scheint mir, dass wir vielerorts Laufbahnen mit Wettrennen verwechseln. Mit jedem zusätzlichen Jahr, dass ich auf der Führungsstufe (n-1) verbracht habe, werde ich in der Führungsstufe n automatisch besser sein. Dies gilt nicht nur für die Milizkader, sondern in ganz besonderem Masse für die Berufsmilitärs. Die Einsatz- und Laufbahnsteuerung denkt nach wie vor in Kategorien, als der Instruktor ein Zweitberuf war, der vielleicht von 30 bis 58 ausgeübt wurde. Heute verlassen Berufsmilitärs nicht nur MILAK und BUSA früher, sie werden auch (mindestens) bis 65 arbeiten. Diese Verlängerung der Laufbahn um rund 50% könnte zum Anlass genommen werden, die Verwendungen um mindestens 50% zu erstrecken – wobei es schon reichen würde, die angestrebten Kommandierungen zeitlich auszuschöpfen. Der Einsender weist die Vorteile vor, denen ich vollumfänglich zustimme: Fähigkeiten werden solider aufgebaut, mit steigender Erfahrung verringert sich der Aufwand, wächst das Vertrauen, stärkt sich die Bindung zu den Unterstellten, verbessert sich die Qualität der Arbeit und – vor allem: entsteht Ruhe im System.

Gibt es kurzfristige Änderungen im Mindset, die Sie provozieren müssen?

Auch hier stimme ich dem Einsender zu: «Kurzfristig geht das kaum. Der Wechsel von klassischer Karriere zu bedachtsamem Aufsteigen durch Bewährung braucht viel Zeit und enorme Überzeugungsarbeit.»

Auch das ist Führung, und zwar Personalführung sowohl auf organisatorischer Ebene (Human Resource Management) als auch auf zwischenmenschlicher Ebene (Leadership). Beides sind Voraussetzungen, damit wir unsere Lücken im Command schliessen können.

Fazit

Für seine Einsichten hat Maj Philipp Scherrer sein Buch wohlverdient: Ich freue mich, ihm ein Exemplar von «Power to the Edge: Militärische Führung im Informationszeitalter» von David S. Albert und Richard E.Hayes zukommen zu lassen. Alle Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen, für das laufende und weitere Decision Games von den exorbitanten Gewinnwahrscheinlichkeiten zu profitieren. Viel Spass!