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Buch des Monats: «About Face: Odyssey of An American Warrior» von David H. Hackworth

Was ist die Kernaussage des Buches?

Es handelt sich um die Memoiren des am höchsten dekorierten US-Infanteristen des 20. Jahrhunderts. Hackworth schildert seine militärische Laufbahn vom 15-Jährigen, der sich in die Post-WW2 US-Armee schlich, bis zum Militärberater der Südvietnamesischen Streitkräfte, der desillusioniert die militärische Pensionierung einer weiteren Karriere vorzog. Im Zentrum stehen seine Kommandierungen in verschiedenen Kommandantenfunktionen auf Zugs-, Kompanie- und Bataillonsebene im Korea- und Vietnamkrieg.

Was gefällt Ihnen an diesem Buch am besten?

Die ungeschminkte und realistische Schilderung von Gefechtssituationen habe ich in vergleichbarer Qualität bisher lediglich bei Ernst Jüngers «In Stahlgewittern» gefunden. Man fühlt mit dem verwegenen Protagonisten, welcher es schafft durch Härte, Führung durch Vorbild, Selbstaufopferung und Kreativität die ihm unterstellten Einheiten über sich hinaus wachsen zu lassen. Dabei kämpft er fortwährend mit der Militärbürokratie und eckt bei Vorgesetzten an.

Gibt es Punkte, in welchen Sie die Argumentation des Buches nicht unterstützen, oder Bereiche, die Ihrer Meinung nach zu kurz kommen?

Die jeweilige Klassifizierung von anderen Personen, seien es Vorgesetzte, Peers oder Unterstellte, welche David H. Hackworth in seiner militärischen Laufbahn erlebte, erfolgt äusserst dichotomisch. Er zollt entweder hohen Respekt oder er lässt keinen Zweifel über seine Verachtung aufkommen. Die Realität dürfte um einiges komplexer sein. Auch müssen seine kontroversen Führungsmethoden im historischen, militärischen und sozialen Kontext betrachtet werden. Hackworth lässt auch verschiedentlich eine Faszination für das militärisch-formelle erkennen, die ich nicht teile.

An wen richtet sich Ihre Empfehlung?

In erster Linie an die taktischen Führer der Zugs- bis Bataillonsstufe. Darüber hinaus dürfte das Buch auch Stabsoffizieren und Kadern in der militärischen Bürokratie zur Selbstreflexion verhelfen.

Wie hat Ihnen dieses Buch im militärischen Führungsalltag geholfen?

Das Buch dient der Entwicklung einer gewissen Demut. Man erkennt, dass man bei allem Selbstbewusstsein (glücklicherweise) nie einem Hackworth das Wasser reichen könnte. Darüber hinaus hilft es einem Kommandanten, der sich hie und da über Bürokratie, vorgesetzte Stäbe und nicht nachvollziehbare Entscheide von Vorgesetzen aufregt, seine Energie stattdessen lieber für seine Unterstellten einzusetzen. Zu guter Letzt hilft das Buch, wenn man sich im Rahmen seiner Laufbahn mal in einer Stabsfunktion wiederfindet, sich immer vor Augen zu führen, dass die eigene Daseinsberechtigung der Soldat da draussen ist, welcher den Auftrag «auch unter Einsatz seines Lebens» erfüllen muss.

Welchem Teilaspekt des Command-Leadership-Management-Modells ordnen Sie dieses Buch zu?

Das Buch deckt Aspekte des gesamten CLM-Modells ab. Im Zentrum stehen sicher die Interaktion von Command und Leadership. Hackworth wird mehrmals damit konfrontiert, neue taktische Ansätze zu entwickeln und gleichzeitig die entsprechende Einheit neu aufzustellen. («Out-Guerrilla the Guerrilla»).

Wo sehen Sie zukünftig die grössten Herausforderungen für die Führung in der Schweizer Armee?

Während die Schweizer Armee eine an sich gut funktionierende Friedensarmee ist, tun wir uns schwer damit, uns ernsthaft mit den Anforderungen des Krieges an die Führung auseinanderzusetzen. «Auftragstaktik» wird zwar oft zitiert, aber leider nicht konsequent gelebt. Darüber hinaus ist die Kaderausbildung zu stark auf Prozessschulung ausgerichtet. Hier muss der angestrebte Kulturwandel mit aller Konsequenz stattfinden.

Und wo sehen Sie diesbezüglich die grössten Chancen?

In der Agilität der Miliz. Unsere nach dem Milizprinzip organisierte Armee erlaubt es rascher einen Kulturwandel zu vollziehen, als dies in einer reinen Berufsarmee möglich wäre.


Über den Rezensenten

Oberstlt i Gst Olaf Niederberger ist seit 15 Jahren Berufsoffizier mit unterschiedlichen Kommandierungen im In- und Ausland. Er verfügt über einen BA in Staatswissenschaften der ETH Zürich und einen MA in Defence Studies des King’s College London. Er führt seit 2020 das Gebirgsinfanteriebataillon 48 und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Nidwalden.

Über das «Buch des Monats»

Das «Buch des Monats» ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.

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Leader's Digest Leader's Digest #1 Newsletter

Decision Game und Handlungsempfehlungen aus Leader’s Digest #1

Die Decision Games des Leader’s Digest sollen die Abonnentinnen und Abonnenten dieses Newsletters anregen, sich im Rahmen von Szenarien in die Rolle von Personen zu versetzen, die sich mit ethischen bzw. taktischen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Zunächst wiederholen wir das von Oberstlt i Gst Reto Wegmann erstelle Szenario; im Anschluss findet sich eine Würdigung der diskussionswürdigsten Handlungsempfehlungen durch Oberstlt i Gst Patrick Hofstetter, Dozent Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich.

Decision Game aus Leader’s Digest #1

Sie sind als Kommandant einer Infanteriekompanie Teil des SWISSBAT (Swiss Bataillon) im Friedensförderungsdienst in DANUBIEN. Sie arbeiten in vier Zügen mit den Aufgaben «Schutz, Ruhe, Eingreifreserve und Training / Reorganisation» in einer 8h-Rotation. Der Auftrag stellt explizit und unmissverständlich klar, dass keine weiteren Aufgaben wahrgenommen werden dürfen, weil die Durchhaltefähigkeit über Monate aufrechterhalten werden muss.

Aus Schweizer Sicht ist klar, dass der Schweizer Beitrag nicht primär militärischer Natur ist und die Infanteriekompanie ausschliesslich dem Selbstschutz des SWISSBAT dient. Um zu verhindern, dass die Schweiz zur Eskalation der Lage beiträgt, ist es darum in den Einsatzregeln explizit untersagt, in Konflikte von Drittparteien einzugreifen (vgl. 51.007.04d RVE, Art. 39). Der Schutzauftrag gilt für eigene Personen und Objekte. Die klaren und engen Einsatzregeln wurden von allen Angehörigen des SWISSBAT in der einsatzbezogenen Ausbildung mittels Szenario-Trainings eingeübt. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage zunehmend verschärft. Verschiedene Gruppierungen bekämpfen sich gegenseitig, einige wehren sich auch explizit gegen jede ausländische Präsenz in DANUBIEN.

Zug RUTISHAUSER befindet sich momentan in der Phase «Training» und ist deshalb mit dem ganzen Zug und vier GMTF im Gelände, um Patrouillentätigkeiten und Kontaktdrills zu festigen. Lt RUTISHAUSER hat vor 20 Minuten auf dem Führungsnetz gemeldet, dass der Zug aus dem kleinen Dörflein EGSEMPLICE laut und deutlich Gefechtslärm vernehme.

Gerade eben meldet sich Lt RUTISHAUSER noch einmal. Der bei ihm eingebettete Übersetzer IDRIS hat sich telefonisch bei Freunden der EGSEMPLICE Municipality Police erkundigt und offenbar leisten sich bewaffnete Gruppen ein Feuergefecht um das Hotel CENTRAL. Lt RUTISHAUSER berichtet, dass er auch telefonischen Kontakt mit PETER hatte, einem Mitarbeiter des Schweizer Hilfswerks AYUTAS vor Ort. PETER befindet sich im Hotel CENTRAL mit seinem Team von fünf Schweizerinnen und Schweizern, alles Wasseringenieurinnen und Programmleiter, welche Projekte an den lokalen Abwassersystemen vorwärtsbringen sollen. Die Funkverbindung ist klar genug, sodass Sie in der Stimme von Lt RUTISHAUSER einen seltsamen Unterton verspüren: «Schau, Kadi, PETER hat mir erklärt, dass fünf mit Sturmgewehren bewaffnete Extremisten das Hotel stürmen wollen.» Ihr Atem stockt – Sie wissen, dass die lokale Untergrundarmee in der Vergangenheit schon einmal Entwicklungshelfer exekutiert hatte, um alle ausländischen Akteure zum Abzug zu zwingen. AYUTAS war eine der wenigen, die sich davon nicht einschüchtern liessen.

Lt RUTISHAUSER scheint kurz zu zögern, dann setzt er noch einmal an: «Das sind Schweizer, Zivilisten. Heute Abend sind die entweder Geiseln – oder tot». Lt RUTISHAUSER informiert Sie in klaren Worten, dass er seine Entschlussfassung abgeschlossen hat und er eingreifen werde. Derzeit reorganisiere sich der Zug. In 15 Minuten werde er den Zug in Bewegung setzen, um den Schweizerinnen und Schweizern helfen.

Auf die Einsatzregeln, den offensichtlichen Bruch der rechtlichen Grundlage, die Bedeutung im Gesamtrahmen und das fehlende Mandat angesprochen meint Lt RUTISHAUSER bloss «wie gesagt, Hauptmann, meine Entschlussfassung ist abgeschlossen – ich gehe». Sie sind mit Lt RUTISHAUSER seit Beginn der EBA Duzis. Wenn er ausnahmsweise die formale Anrede «Hauptmann» wählte, klang meist ein ironischer Unterton mit. Jetzt meinte er es aber offensichtlich todernst. Er will nicht nur die Einsatzregeln brechen, er will dies auch im Vorsatz tun und kündigt das sogar an.

Handlungsempfehlungen zum Decision Game aus Leader’s Digest #1

Wir haben auf das erste Decision Game erfreuliche zwölf Handlungsempfehlungen erhalten. Besonders gefällt die Autorenvielfalt: Aktive und ehemalige Armeeangehörige sowie interessierte Zivilpersonen, Männer und Frauen, Deutsch- und Französischsprachige, Berufsmilitärs und Milizkader vom Wachtmeister bis zum Obersten haben sich die Zeit genommen, ihre Überlegungen zu formulieren. Wir danken an dieser Stelle für den Effort und auch für das Verständnis, dass wir nicht jede Einsendung inhaltlich beantworten können.

«Ein klassisches Dilemma!», schrieb ein Leser. Eine Auswahl soll zeigen, dass bei solchen weder eindeutige noch einfache Lösungen existieren:

  • Einige Leser betonen, dass die Einsatzregeln als Produkt der Politik nicht einfach so übergangen werden können, auch wenn die eigenen moralischen Vorstellungen dies nahelegen würden. Die Einsatzregeln seien aus der politischen und militärischen Zusammenarbeit der Schweiz und der Gastgebernation entstanden, womit deren Bruch diese ganze Kooperation in Frage stellte; dies dürfe nicht riskiert und in keiner Form unterstützt werden. Diese Einsendungen fokussieren meist darauf, mit welchen Argumenten Lt Rutishauser von seinem Vorhaben abzubringen sei und erläutern, wie mit ihm nach der Rückkehr zu verfahren sei.
  • Mehrere Einsendungen haben sich vertieft mit den möglichen psychologischen Gründen für das Verhalten von Lt Rutishauser auseinandergesetzt und in seiner Person ein inakzeptables Risiko für eine solche Krisensituation erkannt. Das deplatzierte Verwenden von Ironie in einer solchen Krise, fehlende Loyalität und mangelndes Verständnis für den Gesamtrahmen wurden dabei als Indikatoren genannt.
  • Ein österreichischer Autor beurteilt den Fall (unter Bezugnahme auf das Dienstreglement und weitere Reglemente der Schweizer Armee) aus rechtlicher Sicht, bevor er zur taktischen Analyse übergeht. Darin findet sich ein Argument, weshalb ROE nicht absolut gelten können: «Obgleich Lt RUTISHAUSER dem Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten, welche die ROE festgelegt haben, verpflichtet ist, legitimiert die drohende Gefahr (möglicher Tod von Schweizer Staatsangehörigen) in Kombination mit der gegebenen Offiziersausbildung des Leutnants die Neubeurteilung der Situation unter Einbeziehung der gegebenen Umstände».
  • Die Fürsorgepflicht für die Angehörigen des Zugs Rutishauser, aber auch für die weiteren Angehörigen einer allenfalls einzusetzenden Reserve wurde immer wieder betont. Einige Autoren stellen dem aber auch die zwingende Risikobereitschaft von Soldaten, deren Anwesenheit als freiwillig vorausgesetzt wird, gegenüber und merken mehrfach an, dass dies auch für Mitarbeiter ziviler Hilfsorganisationen gelte.
  • Die Mehrheit der Einsendungen basiert aber auf der Annahme, dass Lt Rutishauser nicht mehr von seinem Entschluss abzubringen sei. In der Konsequenz würden einige als Kommandanten die Reserve zu aktivieren, um ihn zu unterstützen: etwa, indem sie die Zufahrtswege und Anhöhen besetzen, um günstige Voraussetzungen zu schaffen für die Aktion des Zugs Rutishauser.
  • Andere betonen, dass die Reserve gerade nicht ausgelöst werden soll, um die Durchhaltefähigkeit für den Hauptauftrag sowie den Eigenschutz zu gewährleisten. Es wurde auch das Risiko erwähnt, dass die Geiselnahme ein Ablenkungsmanöver das Camp des SWISSBAT das eigentliche Ziel der Terroristen darstellen könnte.
  • Mehrfach wurde auch an mögliche Nachbartruppen gedacht, die zudem vielfältig eingesetzt werden können. So wollte jemand die Militärpolizei avisieren, um Lt Rutishauser festnehmen zu lassen – während jemand anderes ihn überzeugen wollte, seine Absicht so zu korrigieren, dass er mit einer gestaltenden Aktion günstige Voraussetzungen schafft, um dann die entscheidende Intervention von der Militärpolizei oder einer anderen geeigneten Formation durchführen zu lassen.
  • Verschiedene Begründungen werden aufgeführt, weshalb Lt Rutishauser trotz offensichtlichem Regelbruch zu unterstützen sei: entweder, weil mit seinem Entscheid schlicht neue Tatsachen geschaffen wurden, oder aber schlicht aus Loyalität gegenüber dem Entscheid eines unterstellten Offiziers, im Vertrauen auf dessen Urteilsvermögen vor Ort.
  • Hierzu eine exemplarische Begründung: «Es ist offensichtlich, dass ich als Kdt meinen Zfhr nicht umstimmen kann. (…) Ich gehe davon aus, dass die Konsequenzen (…) weit weniger schlimm ausfallen, wenn diese Aktion von Erfolg gekrönt ist. (…) Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich wider den Schutzauftrag und die Einsatzregeln handle. (…) Wenn es hart auf hart kommt, sollen sich meine Unterstellten darauf verlassen können, dass ich sie unterstütze – vor allem in schwierigen Situationen. Aufträge und Situationen sind veränderbare Variablen, die mir anvertrauten Unterstellten bilden eine Konstante.»

An dieser Stelle die «richtige» Lösung bekannt zu geben, wäre nicht nur eine Anmassung für die Newsletter-Redaktion, es widerspräche auch allen Grundzügen der militärethischen Bildung: Ethische Dilemmata sind Spannungen, die nicht einfach auflösbar sind. Führungskräfte und insbesondere Kommandanten haben sich diesen zu stellen und sie letztlich persönlich, im jeweiligen Kontext, zu bewältigen. Um sich dennoch nicht ethisch im Nebel des Krieges zu verstecken, heben wir eine Einsendung hervor, die uns in der Stringenz besonders positiv aufgefallen ist, umfassend geschrieben und dennoch prägnant auf weniger als zwei Seiten Platz gefunden hat.

Diese Einsendung

  • fasst in einer Tabelle die Sofortmassnahmen zusammen: Taktischer Dialog Lt Rutishauser, anschliessend vier Aufträge an den Stellvertreter, den Kommandogruppenführer und zwei Führungsgehilfen;
  • weist darin als zentrale Aussage den folgenden Satz auf: «Mentaler Switch von ‹Kann ich verhindern› zu ‹müssen wir gewinnen›»;
  • ergänzt in drei Sätzen eine nachvollziehbare persönliche Einschätzung;
  • sieht für den weiteren Verlauf drei alternative taktische Vorgehen vor, in Abhängigkeit der Verfügbarkeit von Unterstützungskräften, etwa der örtlichen Polizei und/oder die Eingreifreserve einer anderen Nation, die anderen ROE unterworfen sein könnte;
  • schliesst trotz aktiver, taktischer Unterstützung in jedem Fall mit der Eröffnung eines Strafverfahrens.

Der Beitrag stammt aus der Feder von Hptm Camilla Setz1 – wir gratulieren zum Gewinn eines Exemplars von «The Mission, The Men, And Me» von Pete Blaber, das in den kommenden Wochen persönlich übergeben wird.

  1. Der Transparenz halber: Hptm Camilla Setz war bis 31.12.2022 Kompaniekommandant bei Oberstlt i Gst Reto Wegmann, dem Autoren des Decision Games. Letzterer war entsprechend nicht in die Gewinnerwahl involviert. ↩︎
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Podcast Praktisch Chef

Praktisch Chef #15: Manuel Marty

«Praktisch Chef – der führende Podcast» erscheint jeweils am letzten Donnerstag des Monats und kann auf Google Podcasts, SoundCloud, Spotify oder via RSS-Feed abonniert werden.

Fragen, Anregungen, Lob und Kritik nehmen Cécile Kienzi und Josef Ochsner gerne via entgegen.

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Buch des Monats: «The Mission, The Men, and Me» von Pete Blaber

Was ist die Kernaussage des Buches?

Pete Blaber arbeitete jahrelang als Führungsperson auf verschiedenen Ebenen der «Delta Force» und teilt in diesem Buch seine gesammelten persönlichen Lehren anhand von praktischen und konkreten Beispielen. Es geht um Auftragserfüllung, Vertrauen, Umgang mit Komplexität, Innovation und Lernen, Kommunikation und die Grenzen des Gehorsams.

Was gefällt Ihnen an diesem Buch am besten?

Man muss Blaber nicht mögen, um von seinen Beispielen inspiriert zu werden, um über häufige Probleme in hierarchischen Systemen nachzudenken. Dass er mit seinen Interpretationen diesen Denkprozess unterstützt und mit persönlichen Meinungen und Standpunkten in seinen eigenen Fallbeispielen nicht spart, ist grossartig.

Gibt es Punkte, in welchen Sie die Argumentation des Buches nicht unterstützen, oder Bereiche, die Ihrer Meinung nach zu kurz kommen?

Nein, das Buch ist in sich geschlossen. Natürlich ist es aber kein Geschichtsbuch. Die erwähnten Fallbeispiele bedürfen weiterer Recherche für Leser oder Leserinnen welche sich mehr für US Sonderoperationen (oder -einheiten) als für Führungslehren interessieren.

An wen richtet sich Ihre Empfehlung?

An alle, denen Prozesse alleine nicht genügen, und an alle, die schon immer dachten, dass persönliche Erkenntnisse nicht falsch sein müssen, nur weil sie der gängigen Lehre widersprechen.

Wie hat Ihnen dieses Buch im militärischen Führungsalltag geholfen?

Mehrmals. Beim Überschreiten von Grenzen, beim Ausrichten des persönlichen moralischen Kompasses, beim Umgang mit Komplexität und Ungewissheit, beim Entwickeln eines Produkts, bei zahlreichen anderen Problemstellungen.

Zu welchem Teilaspekt des Command-Leadership-Management-Modells ordnen Sie Ihr Buch zu?

Das Buch schlägt eine Brücke zwischen allen Bereichen. Es behandelt Vertrauen und Kommunikation (Leadership), Entscheidfindung und Entwicklung (Management) sowie inhaltlich-taktische Elemente wie Tarnung/Täuschung oder taktische Bewegungen (Command). Der Titel in sich symbolisiert quasi bereits das Command-Leadership-Management-Modell.

Wo sehen Sie zukünftig die grössten Herausforderungen für die Führung in der Schweizer Armee?

Dass wir nicht in der Lage sein werden, uns von lähmenden Ressourcen (zu grosse Stäbe und Verwaltungseinheiten) und lähmenden Prozessen (puristische Auffassungen von komplizierten Papiertigern mit unzähligen Kontrollparametern für die Ausbildung) zu trennen, weil wir eine oberflächliche Selbstwahrnehmung haben.

Und wo sehen Sie diesbezüglich die grössten Chancen?

Bei den Berufsformationen, die tagtäglich in Echteinsätzen stehen (LW, KSK, EOD/KAMIR etc.) und in der Miliz, weil sie in der Lage ist, eigene (auch zivile) Erfahrungen mit den Prozessen zu verknüpfen, ohne dabei dogmatisch zu werden.


Über den Rezensenten

Reto Wegmann hat Informatik, Internationale Beziehungen und Militärwissenschaften studiert und am Lehrstuhl für Human Resource Management der Uni Luzern zur Leistungsfähigkeit von temporären Organisationen doktoriert. Er ist Mitinhaber und Sicherheits- und Krisenberater bei der Swiss Ibex GmbH und hat Lehraufträge bei der Uni Luzern. Er lebt mit seiner Familie in der Zentralschweiz und hat nun 52 Monate das Infanteriebataillon 20 kommandiert.

Über das «Buch des Monats»

Das «Buch des Monats» ist eine wiederkehrende Rubrik des Newsletters Leader’s Digest. Dieser Newsletter entsteht in Kooperation des Leadership Campus der Schweizer Armee und der Dozentur Führung und Kommunikation der Militärakademie an der ETH Zürich. Wenn Sie Leader’s Digest noch nicht abonniert haben, finden Sie unter folgendem Link weitere Informationen sowie das Formular zur Anmeldung.

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Update Führung: Januar 2024

There is no Need for a Cognitive Domain

[The Defence Horizon Journal, Nov. 23, Patrick Hofstetter, Flurin Jossen]

Cognitive Warfare is gaining ground in the strategic and operational debate. Accordingly, there are various calls for the introduction of a cognitive domain. The partitioning of warfare into operational domains within the framework of Multi-Domain Operations (MDO) effectively reduces the complexity of military decision models as long as the majority of dependencies occur within the individual domains and the interactions between the domains are limited. Using general model theory, we attempt to show that this is not the case when a cognitive domain is added to MDO. Cognitive Warfare is so strongly intertwined with other domains that it does not represent an independent partial model and, therefore, cannot be contained as an independent domain but must be considered within the generally accepted domains.

Link: https://tdhj.org/blog/post/no-need-cognitive-domain/

Auseinandersetzung mit destruktiver Führung in der Armee

[ASMZ Nr. 10, Okt. 23, Tobias Helmann, Serge Killmann, Hubert Annen]

Das Thema der destruktiven Führung wird weder in der Führungsausbildung des Milizkaders noch gesamthaft in der Schweizer Armee explizit besprochen. Das Bewusstsein, worum es sich dabei handelt, kann destruktive Führung verhindern. Man unterscheidet die Art der destruktiven Führung je nachdem, gegen wen sie sich richtet: gegen Unterstellte, die Organisation oder gegen beide. Wie destruktives Verhalten geäussert wird kann unterschiedlicher Natur sein, physisch, psychisch, verbal oder nonverbal, aktiv oder passiv.

Wie handeln Sie, wenn Sie destruktive Führung beobachten?

Link: https://www.research-collection.ethz.ch/bitstream/handle/20.500.11850/615865/230405_Bachelorarbeit_UmgangMitDestruktiverFuehrungInDerSchweizerArmee_Killmann.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Le Commandement et le contrôle (C2) des opérations multi-milieux multi-champs de haute intensité : vers une nouvelle Révolution dans les affaires militaires (RMA)

[Révue Défense National HS 13, Okt. 23, Nicolas Lyautey]

Penser le Commandement et le contrôle (C2) de demain, c’est penser l’évolution du caractère de la guerre. La dégradation du contexte sécuritaire et le risque de conflit de haute intensité doivent nous encourager à investir dans le C2 Multi-milieux multi-champs (M2MC). Il s’agit de mieux intégrer les nouveaux espaces de conflictualité, tout en accélérant la boucle OODA (Observation-Orientation-Décision-Action), en particulier au niveau tactique. Car l’indice de performance du C2, c’est le temps. L’accélération de notre transformation numérique doit permettre de dynamiser les fonctions renseignement et ciblage, en boucle courte. Sur le long terme, un recentrage du niveau opératif proche du niveau stratégique pourrait s’accompagner de l’émergence d’un niveau tactique M2MC.

Lien : https://www.cairn.info/revue-defense-nationale-2023-HS13-page-31.htm

Führungsausbildung im digitalen Zeitalter: Kommunikation zwischen Maschine und Mensch

[ASMZ Nr. 10, Okt. 23, Sarah von Felten]

Die Führungsausbildung hat durch die Digitalisierung Zugang zu Hilfsmitteln wie Simulationen, War Gaming und virtueller Realität erhalten. Mit diesen verschiedenen Ausbildungshilfen kann der Ausbildner unterschiedliche Verhaltensmuster beobachten. Während beispielsweise beim War Gaming die Interaktion zwischen der Führungsperson und den Teammitgliedern im Fokus steht, so kann der Auszubildende in der virtuellen Realität sein Selbstvertrauen in sein eigenes Können steigern.

Wie binden Sie die fortschreitende Digitalisierung effektiv in die Führungsausbildung ein?

Online verfügbar ab Oktober 2024

Wie beeinflusst die Digitalisierung die taktische Ausbildung unserer Kader?

[Stratos 1/23, Jul. 2023, Christoph Roduner]

Die Digitalisierung macht Technologie zugänglicher, dies auch im militärischen Bereich. Die Armee kann sich zur Ergänzung der Ausbildung nebst komplexen und teuren Simulatoren zunehmend auf kommerziell verfügbare Programme verlassen, beispielsweise auf den taktischen Computersimulator «Combat Mission Black Sea», wo Übungen virtuell auf Gegenseitigkeit geführt werden können, dies sogar in einem dem Echtgelände nach modelliertem Umfeld.

Ganz im Sinne vom neuen Zielbild der Armee «die Chancen des technologischen Fortschritts nutzen», wo gibt es in Ihren Führungsaufgaben Bereiche, in denen Ihnen mehr Digitalisierung für den Einsatz oder für die Ausbildung einen Mehrwert bringen würde?

Link: https://www.vtg.admin.ch/content/vtg-internet/de/aktuell/publikationen/stratos/zeitschriften/_jcr_content/contentPar/downloadlist_copy_92_1417028155/downloadItems/35_1623752560342.download/stratos_1-23.pdf

How to beat Russia. What armed forces in NATO should learn from Ukraine’s homeland defense

[Globsec, Feb. 23, Nico Lange, Carlo Masala, Pavel Macko]

Der Bericht des Think-Tanks GLOBSEC (Bratislava, Slowakei) trägt die Lehren des laufenden Ukraine-Konfliktes für westliche Armeen zusammen. Neben strategischen und militärstrategischen Konsequenzen werden zählreiche Schlussfolgerungen gezogen, welche Command, Leadership und Management in Streitkräften betreffen, darunter zu dezentralisierten Netzwerken und responsible leadership (S. 15ff), dem Einfluss von Drohnen auf die Führung (S. 20ff) und der Führung auf gefechtstechnischer und unterster taktischer Ebene (S. 22ff).

Link zum Beitrag: https://www.globsec.org/sites/default/files/2023-02/How%20to%20beat%20Russia%20by%20Nico%20Lange%20v7%20web.pdf


Über das «Update Führung»

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Falls Sie Lesenswertes zu Command, Leadership oder Management entdecken, würden wir uns freuen, wenn Sie dies mit uns teilen. Gerne nehmen wir Tipps für die kommende Ausgabe von Leader’s Digest via entgegen.

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Podcast Praktisch Chef

Praktisch Chef #14: Andrea Dolder

«Praktisch Chef – der führende Podcast» erscheint jeweils am letzten Donnerstag des Monats und kann auf Google Podcasts, SoundCloud, Spotify oder via RSS-Feed abonniert werden.

Fragen, Anregungen, Lob und Kritik nehmen Cécile Kienzi und Josef Ochsner gerne via entgegen.

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Praktisch Chef #13: Gregor Bruhin

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Podcast stratos

stratos Podcast #1: Leadership

Leadership bedeutet, zusammen mit Menschen ein Ziel zu erreichen. Welche Eigenschaften sind dafür nötig? Was heisst es, unter Zeitdruck zu führen? Digital und auf Distanz? Und welche Gemeinsamkeiten gibt es punkto Leadership zwischen Polizei und Armee? Darüber diskutieren Stefan Aegerter, Direktor des Schweizerischen Polizei-Instituts in Neuenburg, und Oberst i Gst Niklaus Jäger, Kommandant des Kommandos Führungs- und Kommunikationsausbildung der Schweizer Armee.

Der stratos Podcast erscheint zweimal jährlich und kann auf Google Podcasts, SoundCloud, Spotify oder via RSS-Feed abonniert werden.

Fragen, Anregungen, Lob und Kritik nimmt Christoph Brunner gerne via entgegen.

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Podcast Praktisch Chef

Praktisch Chef #12: Regula Züger

Dr. Regula Züger hat in ihren Untersuchungen den Zusammenhang zwischen Resilienz und Führung untersucht. Was jeder Führungspersönlichkeit klar sein sollte: Entscheidend für resiliente Mitarbeitende ist auch das persönliches Vorbild. Nur wer selbst zu sich Sorge trägt und dies vorlebt, animiert auch seine Mitarbeitenden zu Achtsamkeit und Selbstsorge.

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Podcast Praktisch Chef

Praktisch Chef #11: Theo Honermann

Theo Honermann gibt der Stadt Luzern Sicherheit. Mit Authentizität spricht der Feuerwehrkommandant von Berufs- und Milizkräften über Vertrauen, Vorbild und «dafür sorgen dass…». Wie funktioniert «Chef» bei einer Feuerwehr?

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